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2011 Bayerischer Tischtennis-Verband, Bereich Leistungssport

2011 wurde der Bayerische Tischtennis-Verband, Bereich Leistungssport, für sein Engagement bei der Entwicklung eines Präventionspaketes zum Schutz von Mädchen* und Jungen* mit dem AMYNA-Präventionspreis ausgezeichnet. Der Bayerische Tischtennis-Verband legte für den Bereich Leistungssport ein sehr umfassendes Paket der Prävention und Intervention vor, das in seiner Konsequenz und Zügigkeit bei der Einführung innerhalb des Sports mit Sicherheit als beispielhaft angesehen werden kann.

Laudatio als PDF (nicht barrierefrei)

Preisverleihung AMYNA Präventionspreis – Laudatio

04.05.2011

preisverleihung_2011

Laudatio von Christine Rudolf-Jilg
(es gilt der gesprochene Text)

Sehr geehrte Preisträger*innen,
sehr geehrte Damen und Herren,

auch ich möchte Sie ganz herzlich bei AMYNA, im Institut zur Prävention von sexuellem Missbrauch willkommen heißen.

Kein Kind kann sich alleine vor sexuellem Missbrauch schützen, das hat meine Kollegin Frau Djafarzadeh bereits eingangs erwähnt. Umso wichtiger ist es, dass Erwachsene, die für Kinder und Jugendliche Verantwortung tragen, Schutzaufgaben übernehmen.

Im vergangenen Jahr wurden diese Erwachsenen nicht nur in katholischen Einrichtungen und Internaten an ihre Verantwortung erinnert – Sie alle haben sicherlich die Aufdeckungen von sexuellem Missbrauch im Canisiuskolleg in Berlin oder in der Odenwaldschule im Kopf. Auch in anderen Arbeitsfeldern, in denen mit Kindern und Jugendlichen gearbeitet wird, sahen sich die Verantwortlichen mit Aufdeckungen konfrontiert. Es verwundert daher nicht, dass AMYNA im vergangenen Jahr in allen Arbeitsbereichen eine derart starke Nachfrage hatte, dass wir personell weit über unsere Möglichkeiten ausgelastet waren.

Die Not gebiert oft neue Ideen und so entwickelten wir ein Angebot,  das wir „Gefährdungsanalyse“ nannten und das – im Vergleich zu aufwendigen Beratungsprozessen, die wir bis dahin Trägern anboten – mit deutlich weniger Zeitaufwand verbunden, ebenfalls den Schutz vor sexuellem Missbrauch im Verantwortungsbereich eines Trägers deutlich verbessern kann.

Diese bundesweit einmalige und neu entwickelte sogenannte „Gefährdungsanalyse“ besteht aus unterschiedlichen Bausteinen:

  • einem ausführlichen, leitfadengestützten Interview mit dem Träger
  • unserer Eigenrecherche auf dessen Website
  • der Sichtung von vorhandenen Materialien des Trägers zum Bewerbungs- und Einstellungsverfahren, zur Organisationsstruktur, zu Leitlinien und ggf. bereits bestehenden Schutzvereinbarungen usw..
  • der Analyse anonymisierter Fallskizzen, die der Träger ggf. über frühere Vorfälle erstellt.
  • in der Hauptsache dann natürlich in der Erstellung der sogenannten schriftlichen „Gefährdungseinschätzung“, die Lücken im System eines Trägers benennt und Vorschläge für die Schließung der Lücken macht sowie einem abschließenden Erläuterungs- und Klärungsgespräch.

Diese „Gefährdungsanalyse“ erfordert im Gegensatz zur (erfahrungsgemäß) fast dreijährigen intensiven Begleitung eines Trägers, wie schon erwähnt nur einen Bruchteil unserer Arbeitszeit, ist also deutlich ressourcenschonender. Sie befindet sich aktuell in der Erprobungsphase. Aus momentaner Sicht des Instituts ist die Möglichkeit der Übertragbarkeit wohl nur im Hinblick auf kleinere Träger denkbar. Weitere Einschätzungen sind allerdings erst möglich, wenn diese Form der Trägerberatung häufiger durchgeführt und evaluiert wurde. Für dieses Vorhaben wurden bereits verschiedene Anträge an Stiftungen gestellt. Wir freuen uns sehr, dass der Bayerische Tischtennisverband für den Bereich Leistungssport einer der ersten war, der gemeinsam mit uns diese neue Form der Trägerberatung versucht hat.

Das Wissen um sexuellen Missbrauch durch Mitarbeiter*innen in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe bzw. Kinder- und Jugendarbeit ist für uns Fachberatungsstellen nicht neu. Seit mehr als 10 Jahren wird dieses Wissen ebenso publiziert, wie auch das Wissen um Gegenstrategien, die Träger*innen ergreifen können. Die „strukturellen Präventionselemente“, so nennen wir diese Gegenstrategien von Trägern, wurden allerdings mit den Jahren immer umfassender und differenzierter. Aus Fällen neue Erkenntnisse gewinnen, von Best Practise Beispielen national, aber auch international lernen, eigene Ansätze weiterentwickeln und präzisieren, so funktioniert in diesem Arbeitsfeld unsere Arbeit und die anderer Fachstellen. Auch die Runden Tische in Berlin, haben hier ihren Beitrag für die Präventionsarbeit geleistet.

Aktuell umfassen die von uns berücksichtigten und im Rahmen der Gefährdungsanalyse empfohlenen Präventionsmaßnahmen grundsätzlich folgende Elemente:

1 Maßnahmen im Rahmen des Einstellungsverfahren bzw. der Mitarbeiter*innenführung (Führungszeugnisse, Referenzen u.ä.)
2 die Entwicklung eines Verhaltenskodex
3 sogenannte Schutzvereinbarungen für Mitarbeiter*innen für Situationen, in denen eine besondere Nähe zu Kindern und Jugendlichen entsteht (darauf möchte ich anschließend kurz eingehen) verbunden
4 mit einem Beschwerdesystem für Kinder und Jugendliche und
5 einer ergänzenden Elterninformation
6 einem pädagogischen Konzept, das Prävention im Alltag berücksichtigt und mit einer konkreten Präventionsarbeit mit Kindern bzw. Jugendlichen verbunden werden kann
7 einem Krisenleitfaden für das interne Vorgehen bei einem Verdacht auf Missbrauch durch Mitarbeiter*innen und damit einhergehend
8 der Zusammenarbeit bei der Fallbearbeitung mit externen Fachberatungsstellen
9 einer umfassenden Öffentlichkeitsarbeit zu allen getroffenen Maßnahmen
10 der Beauftragung von Präventions- und Interventionsbeauftragten innerhalb der Organisation
11 der Entwicklung von Fort- und Weiterbildungsangeboten für alle Mitarbeiter*innen und last but not least
12 die Absicherung und Verstetigung dieser Elemente im Rahmen des Qualitätsmanagements des Trägers sowie
13 die regelmäßige Aktualisierung mit neuen oder verbesserten Elementen durch gesetzliche Vorgaben bzw. neue Erkenntnisse aus der Präventionsforschung (das sogenannte Präventions-Update).

Ich möchte im Rahmen dieser Laudatio drei dieser Elemente herausgreifen und kurz erläutern, die Schutzvereinbarungen, das damit verbundene Beschwerdemanagement für Kinder und Jugendliche und die ergänzende Elterninformation. Ich werde im Folgenden bei der Kombination der drei Elemente vor allem auf deren sinnhafte Verknüpfung eingehen und lasse nun andere (ebenfalls wichtige) Bestandteile beim Beschwerdemanagement unberücksichtigt.

Muss der Umgang zwischen Kindern bzw. Jugendlichen und Erwachsenen, die mit ihnen arbeiten, neu geregelt werden? Ich behaupte: ja. Die Unsicherheit und die Angst bei Mitarbeiter*innen „falsch verdächtigt“ zu werden, ist gerade seit dem vergangenen Jahr hoch, nicht zuletzt durch aufgedeckte Fälle, die Träger irritiert und Mitarbeiter*innen stark verunsichert haben. Aber auch das durchaus berechtigte Anliegen der Gesellschaft, dass sexueller Missbrauch in Institutionen möglichst umfassend zu verhindern ist und dazu eben auch Schutzmaßnahmen zu vereinbaren sind, ist hier zu berücksichtigen.

In der Öffentlichkeit herrscht häufig Unmut, wenn Fälle aufgedeckt werden, bei denen Kinder oder Jugendliche – und jetzt komme ich zu Beispielen aus dem Sport – bei Wettkämpfen mit Wissen und Billigung des Verbands regelmäßig gemeinsam mit der Trainerin /dem Trainer in einem Raum schlafen oder grundsätzlich mit ihm gemeinsam duschen mussten und dies von ihm dann zu sexuellen Übergriffen genutzt wurde. Ebenso wenig nachvollziehbar ist es, wenn deutlich wird, dass Trainer bzw. Trainerinnen mit Kenntnis der Verantwortlichen im Verband über einen langen Zeitraum besondere Vergünstigungen oder Geschenke für einzelne Kinder oder Jugendliche vergaben und diese so in eine besondere Abhängigkeit brachten, die sie für den sexuellen Missbrauch ausnutzten.

Die Strategien von Tätern und Täterinnen beinhalten in zahlreichen Fällen, die wir ausgewertet haben oder die in der Fachliteratur beschrieben wurden, das gezielte Schaffen und Ausnutzen von Gelegenheitssituationen. So wissen wir von Fällen in Ferienlagern, in den regelmäßige Zeckenuntersuchungen durchgeführt und so sexueller Missbrauch angebahnt wurde. Als „medizinische Untersuchungen“ oder „Massage“ getarnte sexuelle Übergriffe sind ebenso bekannt, wie auch „Kitzel- oder Tobespiele“, die erste Übergriffe, z.B. ein Berühren intimer Stellen am Körper ermöglichten. Auch „Hygieneschulungen“, wie etwa „ich zeige dir jetzt mal, wie du beim Duschen die Vorhaut zurückschiebst um deinen Penis ordentlich zu säubern“ oder besonders körperbetonte „Hilfestellungen“ beim Sport gehören zu bekannten Täterstrategien.

Im Übrigen erweisen sich Täter und Täterinnen im Umgang mit den betreffenden Kindern und Jugendlichen häufig als besonders zugewandt, aufmerksam und einfühlsam. Sie sind oft die „besten“ Pädagog*innen, Trainer*innen, Therapeut*innen, Lehrer*innen oder Pfarrer*innen. Und die Sonderwege, die sie gehen, werden von ihnen häufig als „besondere“ Zuwendung, als „besonderes“ Engagement getarnt, das Träger, Kolleg*innen, manchmal auch die Eltern oft sogar bewundern, da es weit über das Normalmaß hinaus geht.

Genau an diesen Punkten können Schutzvereinbarungen ansetzen. Denn sie formulieren Regeln, welches Verhalten Erwachsener im Umgang mit den Kindern und Jugendlichen in Ordnung ist und was eben nicht. Als präventive Maßnahme greifen Schutzvereinbarungen überall dort, wo Situationen standardisierbar sind, z.B. in der Situation des Duschens nach dem Sport. Hier lautet die Schutzvereinbarung des BTTV ganz einfach: Trainer*innen duschen nicht gleichzeitig mit Kindern und Jugendlichen.

Wir müssen für Standardsituationen also definieren, was wir als sinnvolles Arbeiten mit Kindern und Jugendlichen im jeweiligen Arbeitsfeld bewerten und wo Grenzen sind und dies gegenüber Kindern, Jugendlichen, aber auch den Eltern deutlich machen. Sie müssen wissen, was in diesem Arbeitsbereich nicht mehr erwünscht ist und u.U. den Beginn von sexuellem Missbrauch, in jedem Fall aber eine Regelverletzung darstellt.

Die „Schutzvereinbarungen“, wie wir sie nennen, markieren so auf der „breiten Straße“ pädagogisch guten und korrekten Handelns „Abzweigungen“ und machen diese Abzweigungen für Kinder und Jugendliche, aber auch andere Mitarbeiter*innen und Eltern frühzeitig erkennbar. Verstöße gegen diese Schutzvereinbarungen sind daher nicht automatisch bereits mit sexuellem Missbrauch gleichzusetzen, machen aber deutlich, dass hier ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin gegen eine Vereinbarung des Trägers handelt. Eine Abzweigung (d.h. eine Ausnahme) muss auch mal erlaubt sein, darf jedoch nur in Absprache mit Kolleg*innen bzw. dem Träger gegangen werden und sollte mit allen Beteiligten rückgekoppelt sein. Häufige Abzweigungen zeigen dagegen ein Problem mit der eigenen Rolle bzw. Funktion und sollten v.a. vom Träger, aber auch von den Kolleg*innen benannt und kritisch hinterfragt werden, da sie pädagogisch bedenkliches Verhalten beinhalten.

So können klar formulierte Schutzvereinbarungen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen wieder eine neue Sicherheit im Umgang mit betreuten Kindern und Jugendlichen geben, aber auch Kindern, Jugendlichen und Eltern erste Anhaltspunkte dafür bieten, dass sich da jemand entgegen aller Vereinbarungen „seltsam“ und regelverletzend verhält. Dies erlaubt es ihnen u.U. auch, ein vermeintlich besonders „engagiertes“ Verhalten kritisch zu hinterfragen. Und hier schlägt sich der Bogen zum Beschwerdemanagement, das Träger für Kinder und Jugendliche entwickeln sollten und das auch Eltern mit einbezieht. Sie müssen ebenfalls wissen, welche Vereinbarungen zwischen dem Träger und den Mitarbeiter*innen bestehen und wie sie auffälliges Verhalten Einzelner ansprechen und benennen können.

Dass dies für Kinder und Jugendliche trotz allem ein schwieriger Schritt sein wird, ist klar. Umso wichtiger ist auch in diesem Zusammenhang die Aufmerksamkeit der Eltern und der Kolleg*innen. Grundsätzlich erleichtert werden kann dieser Prozess der erhöhten Sensibilität im Umgang mit Kindern und Jugendlichen durch ein immer wieder aufmerksames und gegenseitig kritikfähiges Miteinander aller Erwachsenen, die gemeinsam den Umgang mit Kindern und Jugendlichen reflektieren und an einer Verbesserung arbeiten. Dass hier eine Kultur des Diskutierens, Lobens und Verbesserns förderlicher ist als eine Kultur der Strafe oder Kritik, ist sicherlich nachvollziehbar.

Wichtig ist es, dass ersten Übergriffen, die TäterInnen im Schutz von Institutionen anbahnen und begehen, möglichst wirksam vorgebeugt wird und dass das Verwirrspiel, das Täter*innen bekanntermaßen zur Manipulation von Kindern und Jugendlichen, aber auch von Erwachsenen im Umfeld, entwickeln, beendet und als beginnender Missbrauch entlarvt werden kann.

Ich komme nun zur speziellen Würdigung der diesjährigen Preisträger und damit wird auch nachvollziehbar, was der Anlass für die bisherigen inhaltlichen Ausführungen ist.

Der Bayerische Tischtennisverband hat sich im vergangenen Jahr dafür entschieden im Bereich Leistungssport Präventionsmaßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen zu entwickeln und umzusetzen. Da dies aus zeitlichen Gründen nicht anders möglich war, wurde gemeinsam mit AMYNA im Rahmen des eingangs beschriebenen Pilotprojekts eine Gefährdungsanalyse durchgeführt. Ernsthaft setzte sich der BTTV mit Gefährdungsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen im Rahmen seines Verantwortungsbereichs auseinander und begann zeitnah, zügig und entschlossen mit der Umsetzung der von uns empfohlenen präventiven Elemente.

Wir freuen uns darüber, dass ein Träger, der ausgewiesen nicht aus dem pädagogischen Bereich, sondern aus dem Sport, hier sogar aus dem Leistungssport kommt, nicht nur eine eindeutige Haltung zum Thema hat, sondern auch zielstrebig und konsequent in kürzester Zeit zahlreiche strukturelle Schutzmaßnahmen ergriffen hat.

Neben der Einführung von Führungszeugnissen im Einstellungsverfahren von Verbandstrainern und -Trainerinnen und deren regelmäßiger Aktualisierung, wurde ein Verhaltenskodex ebenso Vertragsbestandteil zwischen dem BTTV und seinen Trainern und Trainerinnen wie Schutzvereinbarungen, die spezifisch und individuell für dieses Arbeitsfeld entwickelt wurden.

So wurde die Frage von Geschenken und besonderen Vergünstigungen durch einzelne Trainer*innen ebenso geregelt, wie die (gerade im Leistungssport) häufig relevante Frage der Übernachtungen oder der Mitnahme in den Privatbereich des Trainers bzw. der Trainerin. Das Abschließen von Türen oder gemeinsame Duschen mit Kindern und Jugendlichen stellt zukünftig eine Regelverletzung dar. Geheimnisse mit Kindern und Jugendlichen werden als unerwünscht formuliert, Kinder und Jugendliche werden von Täter*innen nämlich häufig mit einem Schweigegebot belegt.
Ein Abweichen von den Schutzvereinbarungen ist erst nach Rücksprache mit dem Verband oder mit anderen Trainer*innen erlaubt. In der Information der Kinder, Jugendlichen und Eltern ist der eindeutig Wunsch des Verbandes formuliert, dass diese sich beschweren sollen, wenn es zu Verstößen oder gar zu Grenzverletzungen kommt. Hervorzuheben ist besonders, dass der Verband ohne wenn und aber die Möglichkeit der Beschwerde auch bei externen Stellen eindeutig benennt und für gut befindet und damit die Beschwerdemöglichkeiten für Betroffene erleichtert. Alle Kinder und Jugendlichen sowie deren Eltern erhalten die Informationen bereits bei der Aufnahme in den Kader. Für den Fall eines Verdachts gegenüber Trainer*innen, aber auch für den Fall eines häufigeren oder massiveren Verstoßes gegen die Schutzvereinbarungen ist das interne Vorgehen ebenso klar geregelt, wie auch das Hinzuziehen einer externen Fachstelle, die gemeinsam mit dem Präsidenten sowie dem Anti-Missbrauchs-Beauftragten die Situation bewerten und das weitere Vorgehen entscheiden soll. Der Anti-Missbrauchs-Beauftragte wurde durch die Sprachregelung des BTTV dem Anti-Doping-Beauftragten gleichgestellt und ist für die Steuerung der Prävention und Intervention zuständig.

Insgesamt legt der Bayerische Tischtennisverband für den Bereich Leistungssport (und unseres Wissens für den Leistungssport in Deutschland überhaupt erstmalig) damit ein sehr umfassendes Paket der Prävention und Intervention bei sexuellem Missbrauch vor, das in seiner Konsequenz innerhalb des Sports sicherlich als beispielhaft angesehen werden kann. Wir würden uns sehr freuen, wenn das Preisgeld für einen weiteren Ausbau des Schutzes der Kinder und Jugendlichen vor sexuellem Missbrauch innerhalb des Verbandes Verwendung finden würde.

Sehr geehrte Preisträger, wir freuen uns sehr, dass wir Ihnen heute als Anerkennung und mit einem Dank für Ihre eindeutige Haltung und ihre Präventionsmaßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexuellem Missbrauch verbunden, den AMYNA-Präventionspreis 2011 überreichen dürfen und bitten Sie nun den Preis in Empfang zu nehmen.

 

2010 Wichernzentrum

2010 hat das Wichernzentrum für seinen umfangreichen und nachhaltigen Einsatz zur Prävention den AMYNA-Präventionspreis erhalten. Nicht nur die gut organisierten und durchdachten Hilfen bei einem Verdacht auf sexuellen Missbrauch, sondern auch die konzeptuell verankerten präventiven Maßnahmen, die auch die Vorbeugung sexueller Gewalt unter Kindern und Jugendlichen beinhalten, überzeugten.

Laudatio als PDF (nicht barrierefrei)

Preisverleihung AMYNA Präventionspreis 2010 – Laudatio

4.5.2010

2010_0527

Laudatio gehalten von Elke Schmidt, Vorstand von AMYNA, Institut zur Prävention von sexuellem Missbrauch
Sehr geehrte PreisträgerInnen,
sehr geehrte Damen und Herren,
ich möchte Sie ganz herzlich zur Verleihung des Präventionspreises hier bei AMYNA begrüßen.
Wir freuen uns sehr, dass Sie heute zur Preisverleihung erschienen sind.
Ich freue mich deswegen besonders, weil Sie damit Ihre Anerkennung für die Arbeit der Preisträger zum Ausdruck bringen und gleichzeitig Ihr Interesse an der Präventionsarbeit von AMYNA zeigen.
Seit nunmehr 20 Jahren hat sich AMYNA zum Ziel gesetzt, sexualisierter Gewaltgegen Mädchen und Jungen entgegenzuwirken.
Um dies zu erreichen, nehmen wir die Erwachsenen in die Verantwortung.
Denn kein Kind kann sich allein schützen!
Die Verantwortung für den Schutz von Mädchen und Jungen liegt bei deren erwachsenen Bezugspersonen und letztendlich der ganzen Gesellschaft.

Durch ein breites Informations- und Fortbildungsangebot versuchen wir möglichst viele Personen, die mit Mädchen und Jungen zu tun haben, für die Präventionsarbeit zu gewinnen und zu qualifizieren.
Zudem wollen wir mit unserer Arbeit die Gesellschaft für das Thema sexueller Missbrauch sensibilisieren und Öffentlichkeit für die Präventionsarbeit herstellen.
Daher hat der Verein AMYNA beschlossen, mit der Verleihung des
Präventionspreises Institutionen oder Personen zu würdigen, die einen besonderen Beitrag zur Präventionsarbeit leisten.

Was zeichnet gute Prävention aus?
Gute Präventionsarbeit setzt an den Bedürfnissen und Interessen der Mädchen und Jungen an.
Es gilt, für ihr Recht auf körperliche und sexuelle Unversehrtheit, für ihre persönliche Würde, ihren Schutz und die Entwicklung einer selbstbestimmten Sexualität einzutreten.
Wir alle wissen längst, dass unaufgeklärte Mädchen und Jungen leichter Opfer von sexuellem Missbrauch werden und dass Kinder, die keine Sprache für Sexualität haben, die Körperteile und Berührungen nicht benennen können, sich im Falle eines sexuellen Übergriffs nicht mitteilen können.
Präventionsarbeit soll Mädchen und Jungen daher über Formen sexueller Gewalt, über Täter/innen und Handlungsmöglichkeiten informieren. Eine Voraussetzung dafür ist, ihnen zunächst Wissen über ihren Körper und Sexualität zu vermitteln.
Prävention von sexuellem Missbrauch beinhaltet daher immer auch Sexualerziehung und baut auf ihr auf.
Eine umfassende Präventionsarbeit sieht die Mädchen und Jungen zudem nicht nur als potentielle Opfer von sexueller Gewalt, sondern nimmt sie mit ihren Stärken und ihrer Lebensfreude wahr. Diese Lebensfreude drückt sich gerade bei jüngeren Kindern auch in der Freude am eigenen Körper, der Entdeckungslust und sexuellen Neugier aus.
Gleichzeitig sind viele Erwachsene – Eltern wie Fachkräfte – durch Handlungen von Mädchen und Jungen, die irgendwie sexuell wirken, irritiert und verunsichert. Wird Sexualität doch meist nur mit Erwachsenen oder Jugendlichen in Verbindung gebracht.
Das Thema Sexualerziehung fristet daher in vielen pädagogischen Einrichtungen ein Schattendasein. Auch in der Ausbildung der ErzieherInnen findet das Thema zu wenig Beachtung und vor allem Fortbildungsangebote zum Thema kindliche Sexualität und Sexualerziehung im Krippen- und Kindergartenalter sind rar.
AMNYA weist schon seit vielen Jahren auf die Bedeutung der Sexualerziehung für die Prävention hin und das Thema fließt in unsere Veranstaltungen mit ein. Sexualerziehung jedoch nur unter dem Aspekt der Gewaltprävention und kindliche Sexualität nur unter dem Fokus der Gewalt zu betrachten, greift zu kurz.
Daher haben wir bei AMYNA beschlossen, den Bereich Sexualpädagogik als eigenständigen Teil der Präventionsarbeit auszubauen und die große Nachfrage nach Elternabenden und Fortbildungen zu diesem Thema bestätigt die Notwendigkeit dieses Angebots.

Aufgabe der Sexualerziehung ist es, Mädchen und Jungen in ihrer sexuellen Entwicklung zu begleiten und zu unterstützen. Dazu sollte die Aufmerksamkeit zunächst auf die positiven Seiten der Sexualität gerichtet werden.

Die sexuelle Entwicklung von Kindern beginnt mit der Geburt und hängt vor allem davon ab, welche Haltung zu Sexualität ihnen ihre Bezugspersonen vermitteln. Dies geschieht nicht nur durch eine aktive Sexualerziehung, sondern auch dadurch, wie wir mit Körperlichkeit, Nähe, Zärtlichkeit umgehen und auf kindliche sexuelle Aktivitäten reagieren.
Sexualerziehung findet also immer statt – ob, bewusst oder unbewusst. Eine unterstützende Sexualerziehung zu leisten, setzt daher ein großes Maß an Selbstreflexion voraus.
Um in einer Einrichtung zu einem bewussten und einheitlichen Umgang mit kindlichen sexuellen Aktivitäten zu kommen, ist es notwendig, sich mit dem Thema kindliche Sexualität auseinanderzusetzen und sich Wissen über die kindliche sexuelle Entwicklung anzueignen.
Wünschenswert für pädagogische Einrichtungen ist die Entwicklung eines sexualpädagogischen Konzepts, das Grundsätze für die sexualpädagogische Arbeit festlegt und den MitarbeiterInnen damit Klarheit, Sicherheit und Fachlichkeit für den pädagogischen Alltag vermittelt. Dies unterstreicht auch die Qualität der Einrichtung.

Mädchen und Jungen in ihrer sexuellen Entwicklung unterstützend zu begleiten, heißt zunächst einmal, sie als sexuelle Wesen wahrzunehmen, kindliche Sexualität als etwas Eigenständiges zu betrachten und die lustvollen Handlungen von Mädchen und Jungen nicht abzutun oder zu ignorieren, sondern als Ausdrucksformen ihrer Sexualität zu sehen.
Wenn wir zwischen kindlicher Sexualität und erwachsener Sexualität unterscheiden, können wir begreifen, dass das Erleben und Erfahren des eigenen Körpers, der Austausch von Zärtlichkeiten, Doktorspiele für die Persönlichkeitsentwicklung wichtig sind und den Mädchen und Jungen gut tut.
Sexualerziehung begleitet Mädchen und Jungen bei ihren Lernprozessen im Bereich Körper und Sexualität. Sie hat zum Ziel, Mädchen und Jungen jenseits der gängigen Rollenvorgaben zu fördern, sie in der Entwicklung des Selbstbewusstseins sowie der Liebesfähigkeit zu unterstützen und ihnen einen positiven Zugang zu ihrem Körper und ihrer Sexualität zu geben.
Dazu greift die Sexualerziehung im vorschulischen und schulischen Bereich eine Vielzahl von Themen auf. Die Mädchen und Jungen sollen ihren Körper entdecken und kennen lernen und zu vielfältigen Sinneserfahrungen angeregt werden. Bei körperlichen Bewegungen und im Spiel erfahren sie Selbstwirksamkeit, die Grundlage dafür dass sich das Ich-Gefühl, der Kern des Selbstbewusstseins, gut entwickeln kann. Dies fördert ein positives Körpergefühl und stärkt das kindliche Selbstvertrauen.
Sich im eigenen Körper sicher und wohl zu fühlen, ist eine wichtige Voraussetzung für ein konstruktives Sozialverhalten. Daher ist Sexualerziehung zugleich auch Sozialerziehung, ist Erziehung zu Beziehungs- und Liebesfähigkeit, indem sie erfahrbar macht, wie wichtig Zärtlichkeit, Vertrauen und gegenseitige Achtung sind.

Darüber hinaus bekommen Mädchen und Jungen Anregungen, Geschlechterrollen vielfältig zu gestalten und auf der Suche nach der eigenen Identität damit zu experimentieren. Zudem ist eine geschlechtsdifferenzierte Förderung angebracht. Mädchen und Jungen erhalten eine Sprache, für ihren Körper und Sexualität, die der positiven Bedeutung von Sexualität gerecht wird. Wird hierbei auch kindliche Sexualität thematisiert, ergänzt dies die Erfahrungen, die Mädchen und Jungen bei ihren Selbsterkundungen und den Körpererfahrungsspielen mit anderen machen und gibt ihnen Orientierung bezüglich eigener sexueller Bedürfnisse.
Darüber hinaus erhalten sie Wissen über die Geschlechtsunterschiede, über Zeugung, Schwangerschaft und Geburt und erfahren, dass Sexualität und das Bedürfnis nach Zärtlichkeit und Liebe eng miteinander verbunden sind und im Kontext sozialer Beziehungen steht. Dies ist ein Anknüpfungspunkt, um über Familie und verschiede Formen des Zusammenlebens zu sprechen.
Die Mädchen und Jungen werden auch in der Wahrnehmung ihrer Gefühle und Grenzen gefördert und lernen so, angenehme von unangenehmen Berührungen zu unterscheiden.
Dies alles trägt dazu bei, das die Mädchen und Jungen zu selbstbewussten und selbst bestimmten Persönlichkeiten heranwachsen.
Ihnen wurde sicher deutlich, dass sich viele Bereiche der Sexualerziehung mit denen der Prävention von sexueller Gewalt überschneiden und ergänzen.
Beide haben zum Ziel, Mädchen und Jungen sexuelle Selbstbestimmung, eine sexuelle Entwicklung frei von Gewalterfahrungen zu ermöglichen.
Dies wird am ehesten gelingen, wenn wir zunächst an den positiven Seiten der Sexualität anknüpfen und Mädchen und Jungen einen guten Zugang zum eigenen Körper, zur eigenen Sexualität geben, damit ihnen die Sexualität durch den Blick auf Gefährdungen und Gewalt nicht verleidet wird.
Sexualerziehung ist daher die Basis für Prävention von sexueller Gewalt.
Damit komme ich nun zur Würdigung unseres diesjährigen Preisträgers, dem Wichernzentrum der Diakonie Hasenbergl.
Das Wichernzentrum hat die Bedeutung der Sexualerziehung als einen wichtigen Baustein der Präventionsarbeit erkannt. Dies sollte Ausdruck finden in einem sexualpädagogischen Konzept. Da wir seit vielen Jahren in unseren Veranstaltungen betonen, dass die Sexualerziehung Basis der Präventionsarbeit ist, hat uns das Wicherzentrum damit beauftragt, die Einrichtung bei der Erstellung eines sexualpädagogischen Konzepts zu begleiten.
Diese Herausforderung nahmen wir gerne an.

Gemeinsam mit Fr. Grundner steckte ich den Rahmen für dieses Projekt ab.
Eine Fortbildungsreihe sollte fachliche Impulse geben und zum Austausch über sexualpädagogische Inhalte anregen mit dem Ziel, ein für die Einrichtungen des Wichernzentrums passendes sexualpädagogisches Konzept zu entwickeln.
Um das Thema Sexualerziehung möglichst breit zu streuen und zu verankern, wurden über einen Zeitraum von sieben Monaten VertreterInnen aus allen Einrichtungen des Wichernzentrums in drei Fortbildungsgruppen geschult. Die TeilnehmerInnen der Fortbildung waren Mulitplikatorinnen und hatten zur Aufgabe, die Fortbildungsinhalte in ihren Teams einzubringen.

Zum Abschluss der Fortbildungsgruppen stellten wir die für die jeweiligen Einrichtungen und Zielgruppen relevanten Themen und Fortbildungsinhalte zusammen, die ins Konzept aufgenommen werden sollten.
Durch dieses Vorgehen wurde auf breiter Basis der Austausch und die Diskussion über sexualpädagogische Inhalte im Wichernzentrum angeregt.
Auf der Grundlage dieser Auseinandersetzung kann ein sexualpädagogisches Konzept entstehen, das die Besonderheiten der Einrichtungen berücksichtigt und sich an den Bedürfnissen der Kinder und Jugendlichen orientiert.
Ein erster Entwurf für das Konzept ist bereits fertiggestellt und wird zur Diskussion an alle Einrichtungen des Wichernzentrums verteilt. Dabei werden auch erste Erfahrungen aus der Umsetzung der Fortbildungsinhalte in den pädagogischen Alltag einfließen.
Im Anschluss wird eine Arbeitsgruppe auf dieser Grundlage das Konzept noch einmal überarbeiten.
Die Erstellung des Konzepts ist zwar noch nicht abgeschlossen, aufgrund der geleisteten Vorarbeit und durch dieses Vorgehen, möglichst viele MitarbeiterInnen bei der Erstellung des Konzepts zu beteiligen, bin ich aber zuversichtlich, dass ein umfassendes und handlungsleitendes Konzept entstehen wird.
Ein solches Konzept läuft kaum Gefahr, ungelesen im Schrank zu verstauben.
Im Rahmen dieser Fortbildungen habe ich viele engagierte MitarbeiterInnen des Wichernzentrums kennen gelernt. Die Zusammenarbeit hat mir viel Freude gemacht, da die MitarbeiterInnen neben ihrer fachlichen Kompetenz eine große Bereitschaft zur Selbstreflexion und zur kritischen Überprüfung der eigenen Berufspraxis mitbrachten.
Die Fortbildungsinhalte fielen bei den MitarbeiterInnen auf fruchtbaren Boden. Viele Grundlagen der Sexualerziehung und Prävention, wie z. B. ein respektvoller Umgang mit den anvertrauten Kindern und Jugendlichen, das Ansetzten an den Stärken und Fähigkeiten der Mädchen und Jungen, die Förderung ihrer Selbstbestimmung sowie eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit deren Müttern und Vätern war für sie bereits selbstverständlicher Bestandteil ihrer Arbeit.
Auch dies zeichnet das Wichernzentrum aus. Denn kompetente MitarbeiterInnen sind kein Zufall – dahinter steht eine Einrichtung und Leitungen, denen Fachlichkeit und Weiterqualifizierung ihrer MitarbeiterInnen sowie die Weiterentwicklung der
Einrichtung wichtig sind.
Neben dem Engagement für die sexualpädagogische Arbeit, sind auch die Themen Prävention von sexuellem Missbrauch und Intervention feste Bestandteile der Arbeit des Wichernzentrums.
Auch im Bereich der Prävention achtet das Wichernzentrum darauf, seine MitarbeiterInnen weiterzuqualifizieren. Immer wieder nahmen MitarbeiterInnen des Wichernzentrums an unseren Fortbildungen zu Themen wie Verdachtsabklärung bei sexuellem Missbrauch, Hilfen zur Einführung des §8a und sexuellen Übergriffen unter Kindern teil. Auch Inhouse-Fortbildungen zu Themen der Prävention und Intervention wurden durchgeführt.
Dadurch herrscht im Wichernzentrum eine Atmosphäre des Hinschauens – die MitarbeiterInnen sind hellhörig bezüglich sexueller Gewalt auf allen Ebenen. Auch das Thema Missbrauch in Institutionen wird ernst genommen, der Umgang nicht nur der pädagogischen sondern aller MitarbeiterInnen mit den Mädchen und Jungen der Einrichtung wird kritisch hinterfragt.
Durch all diese Maßnahmen trägt das Wichernzentrum wesentlich zum Schutz der ihm anvertrauten Kinder und Jugendlichen vor sexuellen Übergriffen bei.
Daher hat die Mitfrauenversammlung unseres Vereins im November 2009 einstimmig beschlossen, dem Wichernzentrum als Anerkennung und Dank für seine Anstrengungen, Sexualerziehung und Prävention in seinen unterschiedlichen Einrichtungen möglichst breit zu verankern, den Präventionspreis 2010 zu verleihen.
Wir freuen uns, Ihnen in diesem feierlichen Rahmen den AMYNA-Präventionspreis und zudem einen Scheck in Höhe von 3000.- € überreichen zu können.
Durch die freundliche Unterstützung und das Engagement von Frau Miriam Adolf-Betz von der Firma Betz-Chrom ist dies nun schon im 2. Jahr möglich.
Wir freuen uns sehr, Sie, Frau Adolf-Betz, als Mitstreiterin für den Schutz von Mädchen und Jungen gefunden zu haben. Dafür vielen Dank!
Sehr geehrte Preisträger, wir freuen uns sehr, Ihnen als Anerkennung und Dank für Ihre Arbeit zum Schutz von Mädchen und Jungen den Präventionspreis 2010 überreichen zu dürfen. Stellvertretend für das Wicherzentrum dürfen nun Sie, Frau Grundner und Frau Küfner, den Preis in Empfang nehmen.

 

Evaluation der Wirksamkeit (2003)

Evaluation der Wirksamkeit präventiver Arbeit gegen sexuellen Missbrauch an Mädchen und Jungen (2003)

Evaluation der Wirksamkeit präventiver Arbeit gegen sexuellen MissbrauchExpertise

Die Frage nach der Wirksamkeit präventiven Handelns und deren Belegbarkeit beschäftigt Präventions-arbeiterInnen immer wieder. AMYNA legt hier mit der von Dr. Kindler erarbeiteten Expertise erstmals eine Zusammenschau internationaler wissenschaftlicher Ergebnisse vor, die Aufschluss über den momentanen Forschungsstand zur Wirksamkeit von Prävention gibt. Die Ergebnisse machen Mut, denn sie geben Hinweise darauf, dass Präventionsarbeit gegen sexuellen Missbrauch an Mädchen und Jungen an vielen Stellen die gewünschte Wirkung zeigt. Die Untersuchungen weisen aber auch auf Lücken hin und liefern Anhaltspunkte, Konzepte zu verändern und zu spezifizieren und Wirksamkeit neu zu überprüfen.

Preis: Euro 7,50 zzgl. Versandkosten (Restexemplare)

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Laudatio als PDF (nicht barrierefrei)

Preisverleihung AMYNA Präventionspreis – Laudatio

22.03.2012

praeventionspreis_2012

Laudatio von Christine Rudolf-Jilg
(es gilt der gesprochene Text)

Sehr geehrte Preisträger*innen, sehr geehrte Damen und Herren,

auch ich möchte Sie ganz herzlich bei AMYNA, dem Verein zur Abschaffung von sexuellem Missbrauch und sexueller Gewalt willkommen heißen.

Kein Kind kann sich alleine vor sexuellem Missbrauch schützen, das hat meine Kollegin Frau Karlstetter bereits eingangs erwähnt. Umso wichtiger ist es, dass Erwachsene, die für Kinder und Jugendliche Verantwortung tragen, Schutzaufgaben übernehmen.

Ich freue mich ausgesprochen, dass ich heute die Ehre habe, für einen Verein die Laudatio halten zu dürfen, dessen Arbeitsfeld mir persönlich ganz besonders am Herzen liegt. Es ist die Prävention von sexuellem Missbrauch im Rahmen von Patenschaftsprojekten. Bevor ich zur Würdigung der Preisträger komme, erlauben Sie mir daher – wie gewohnt – einen fachlichen Überbau zu diesem Themenbereich zu geben.

Paten spielen eine wichtige Rolle im Leben von Kindern und Jugendlichen. Das war bereits früher so, gilt aber gerade auch heute wieder. Fast alle Kulturen kennen Patenschaften von (nicht verwandten) Erwachsenen, die das Kind beim Heranwachsen begleiten, Anteil nehmen und es unterstützen. In den vergangenen Jahren sind Patenschaftsprojekte fast wie Pilze aus dem Boden geschossen. Susanne Huth von der InBas Sozialforschung[1] sprach anlässlich eines Kongresses in Berlin von einem „Gründungsboom“ bei Patenschaftsprojekten. Die Bandbreite reicht von Familienpatenschaften, über Patenschaften für Kinder unterschiedlichen Alters, Job- bzw. Ausbildungspatenschaften, umfasst aber auch Karrierepatenschaften für Nachwuchskräfte und Besuchsdienste für alte bzw. gebrechliche Menschen.

Thema heute werden die Patenschaften sein, deren Zielgruppe vornehmlich Kinder und Jugendliche in sogenannten 1:1 Kontakten sind, also eine Patin oder ein Pate im Kontakt mit einem Kind oder Jugendlichen. Gefährdungen in anderen Patenschaftsbereichen sollen nicht geleugnet werden, bedürfen aber zu einem anderen Zeitpunkt genauerer Betrachtung.

Patenschaftsprojekte für Kinder und Jugendliche sind „in“, versprechen sie doch (finanzierbare) Lösungen für den Funktionsverlust von Familien im Bereich der Erziehung, Bildung und Versorgung, für die zunehmenden Anforderungen in der Schule und beim Berufseinstieg, für in unserer Gesellschaft deutlich belastete Eltern und deren Kinder, wie Arbeitslose, (psychisch) Kranke, Menschen mit Migrationshintergrund usw. „Sie zielen so gesehen darauf ab, die Verluste und Defizite durch die Bildung neuer außerfamiliärer Beziehungen auszugleichen“, beschreibt ein Flyer des Paritätischen in Hessen die Chancen von Patenschaftsprojekten.

So überrascht es nicht, dass sich in der Datenbank „Patenschaften-Aktiv“ derzeit 1244 (2009: 594) Einträge für Organisationen, die Patenschaften vermitteln und begleiten, finden.[2] Die Aufgaben der Vermittlungsstellen sind vielfältig. Neben der Gewinnung geeigneter Patenkinder und PatInnen geht es auch um das sogenannte Matching, d.h. die passgenaue Zusammenstellung eines „PatIn-Kind-Paares“. Die Schulung von PatInnen sowie die Betreuung der Eltern ist ebenso Aufgabe der Vermittlungsstelle wie die Beratung und Unterstützung von Patenkind und Pate bzw. Patin in Krisenzeiten und bei auftauchenden Problemen.

Zielgruppen der Patenschaften sind vor allem Kinder und Jugendliche, die als sozial benachteiligt in unserer Gesellschaft gesehen werden. Daher gibt es Bildungspatenschaften für Kinder und Jugendliche, die schulische Schwierigkeiten haben, Patenschaften für (junge) Mütter* und ihre Neugeborenen, Patenschaften für Kinder psychisch kranker Eltern, Patenschaften für (minderjährige) Flüchtlinge und sozial benachteiligte Kinder aus Familien, in denen die Eltern arbeitslos oder aus anderen Gründen sehr arm sind, Patenschaften für Kinder aus Migrantenfamilien[3], Patenschaften für Jugendliche ohne Schulabschluss usw. Auch alleinerziehende Frauen* bewerben sich häufig um eine Patenschaft für ihr Kind, häufig schon deswegen, damit das Kind eine konstante männliche Kontaktperson bekommt.

Die PatInnen sind für die Kinder manchmal sogar eine Art Familienersatz, möglichst immer aber Vertrauensperson und Begleitung durch eine häufig schwierige und manchmal sogar feindlich erlebte Umwelt. Die Kontakte reichen von wenigen Wochenstunden hin zum „Rund um die Uhr-Einsatz“ bei Krisen im Elternhaus, etwa wenn für eine alleinerziehende Mutter*, die psychisch krank ist, ein Krankenhausaufenthalt erforderlich wird.

Kinder profitieren von diesen Patenschaften deutlich, wie Forschungsberichte zeigen (z.B. Projekt „Balu und Du“[4]). Eine der Forscher*innen bewertet die Ergebnisse als „ermutigend“, da sie in einigen Dimensionen sogar die Effektstärken professioneller Therapieprogramme übertreffen. Es handelt sich um positive Entwicklungen, die dazu einladen, Patenschaftsprojekte auszuweiten und vielen benachteiligten Kindern zugänglich zu machen.

Paten und Patinnen finden sich zunehmend. Immer mehr (auch junge) Menschen möchten einen (ehrenamtlichen) Beitrag dazu leisten, unsere Gesellschaft ein Stückchen gerechter zu machen. Ältere Menschen wollen häufig zurückgeben, was sie selbst positiv erleben durften – eine unbeschwerte Kindheit und Jugend und aufmerksame und unterstützende Erwachsene, die sie begleiteten auf dem Weg ins Erwachsenenalter. Manche Menschen im mittleren Lebensabschnitt wollen ihrem Leben neben Karrierestreben und Freizeit auch einen „Sinn“ geben und suchen nach einer Aufgabe, die sie selbst bereichert und für die sie keinen Lohn (im Sinne von Geld) verlangen.

Die allermeisten Patinnen und Paten handeln aus lauteren Motiven, aus dem Wunsch heraus sich sozial zu engagieren und die Gesellschaft positiv zu verändern. Es gibt jedoch auch Menschen, die den Rahmen von Patenschaftprojekten für sexuelle Übergriffe und sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen nutzen. Berichte aus Patenschaftsprojekten, Erkenntnisse aus der Täter*innenforschung sowie aus der Praxis der Präventions- und Interventionsarbeit liefern hierzu Informationen.

Sexueller Missbrauch findet nur selten durch sogenannte Fremdtäter*innen statt, meist sind die Täter*innen den Kindern und Jugendlichen bekannt. Aus der Täterforschung wissen wir, dass Täter*innen Kinder und Jugendliche in der Regel gezielt auswählen und dann während des sogenannten „Anbahnungs- bzw. Groomingprozesses“ den Kontakt aufbauen und die Übergriffe vorbereiten. Dabei schätzen sie ein Umfeld, das die Kinder nicht ausreichend schützen kann, sei es aus Unwissenheit, sei es aus mangelndem Selbstbewusstsein, sei es aufgrund fehlender eigener Schutzkompetenzen[5].

Kinder, die bedürftig sind, die also aufgrund mangelnder emotionaler Zuwendung in der Familie, mangelnder materieller Ressourcen im Elternhaus, mangelnder Ausbildung von Selbstwertgefühl und Selbstbewusstsein usw. froh darüber sind, wenn sich ihnen jemand ausschließlich und aufmerksam, anfangs meistens auch liebevoll zuwendet – diese Kinder können sich noch weniger als andere Kinder, vor planvoll vorgehenden TäterInnen die sie gezielt manipulieren, selbst schützen.

TäterInnen wissen um die Strafbarkeit des eigenen Tuns und tun alles um eine Aufdeckung von sexuellem Missbrauch zu verhindern. Nach dem Aufbau eines tragfähigen emotionalen Kontaktes, bei dem sie Vertrauen herstellen und nebenbei Wünsche, Bedürfnisse und Hoffnungen des Kindes ausforschen, beginnen sie mit kleinen Grenzverletzungen vorsichtig auszuloten, wie stark der Widerstand des Kindes ist. Ein „versehentliches“ Streifen der Brüste bei jungen Mädchen*, der Klaps auf den Po bei einem Jungen*, das „versehentliche“ Öffnen der Toilettentür, all dies kann bagatellisiert werden und rechtfertigt alleine noch keine Anzeige. Kleine Aufmerksamkeiten, die an den (vorher ausgeforschten) Interessen, Hobbies und Wünschen der Kinder andocken, festigen die Beziehung weiter.

Hier kann es bereits zu ersten sexuellen Übergriffen kommen, was ein Bericht einer Fortbildungsteilnehmerin illustrieren soll: Ein Junge*, der Schokolade liebt, diese jedoch zuhause nicht häufig essen darf, erhält von einem Bekannten einen „Schokoladenpenis“ geschenkt, den der Täter selbst „versehentlich“ so gekauft hat. Der Junge* schwankte zwischen der Lust auf (heimliche) Schokolade und der Irritation, dass diese in Penisform und „eklig“ ist. Andere Varianten desselben bösen Spieles sind z.B. die Erlaubnis heimlich mit dem Täter Alkohol zu trinken, ein (verbotenes) Computerspiel zu spielen o.ä.. Parallel beklagen sich Täter u.U. in dieser Phase des Groomings gegenüber den anderen (sorgeberechtigten) Erwachsenen, dass das Kind durch seine Distanzlosigkeit auffalle („klebt an mir wie eine Klette“) oder es mit der Wahrheit nicht so genau nehme („lügt wie gedruckt“) und sichert sich so gegen eine eventuelle Aufdeckung des Missbrauchs durch das Kind ab.

Eine zunehmende Steigerung der Übergriffe hält der Täter meist in der Waagschale mit positiver Zuwendung bzw. später auch Drohungen gegenüber dem Kind. Drohungen werden mit Wissen über familiäre Zusammenhänge oder Verbotenem, das das Kind selbst getan hat, verbunden („wenn das rauskommt, musst du ins Heim“, „Dann kommt auch raus, dass du Alkohol getrunken hast“ usw.). Kinder, aber auch Jugendliche durchschauen das perfide Vorgehen von TäterInnen meist erst, wenn es zu massiveren sexuellen Übergriffen kommt und haben leider dann häufig ein Gefühl der Mitschuld, das vom Täter systematisch genährt wird.

Ohne die Hilfe und Unterstützung von Erwachsenen, sind alle Kinder solchen manipulativen Strategien in der Regel schutzlos ausgeliefert, da es für sie kaum möglich ist, diese zu durchschauen. Wie ich eingangs erläutert habe, haben vermutlich gerade Kinder und Jugendlichen, für die Patenschaftsprojekte angeboten werden, ein erhöhtes Risiko sexuelle Gewalt zu erleben. . Zusätzlich ist hier häufig auch die Schutzfähigkeit der Eltern aufgrund eigener Belastungen stark eingeschränkt. Alle oben beschriebenen Täterstrategien greifen, so darf man vermuten, bei der Zielgruppe, die für Patenschaftsprojekte ausgewählt wird, sogar besonders gut, gehören viele Bestandteile der Täterstrategien doch sogar zu den wünschenswerten Anforderungen an PatInnen. Sie sollen tragfähige Vertrauensbeziehungen zu „ihrem“ Patenkind aufbauen. Sie sollen sich für die Wünsche, Hoffnungen, Interessen des Patenkindes interessieren. Sie sollen die Schwächen der Familie kennen und genau dort unterstützen. Häufig wird vorausgesetzt, dass sie für Kinder oder Jugendliche Patenschaften übernehmen, die aufgrund frühkindlicher Defiziterfahrungen eine Nähe-Distanz-Problematik mitbringen oder andere Verhaltensauffälligkeiten aufweisen. Viele Kinder haben weder in ihrer Sozialisation in Elternhaus und Schule gelernt, dass sie Respekt und Achtung verdienen, noch dass ihnen geholfen wird, wenn sie sich über Erwachsene beschweren.

Sind Patenschaftsprojekte also ein „El Dorado“ für Pädokriminelle? Auf den ersten Blick scheint es so zu sein. Weder lassen die bislang bundesweit vorliegenden Qualitätsstandards für Patenschaftsprojekte eine ausgeprägte Sensibilität für das skizzierte Problem erkennen, noch sind in der Breite der Patenschaftsprojekte spezifische Maßnahmen ersichtlich, die geeignet sind, den Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexuellem Missbrauch sicherzustellen.

Patenschaftsprojekte sind sicherlich in der Regel positiv zu bewerten und sinnvoll, wenn verantwortungsvolle Erwachsene die Kinder und Jugendlichen begleiten, sie unterstützen und dafür sorgen, dass ein Grenzen achtender und respektvoller Umgang mit den Kindern gepflegt wird. Daher kann es an dieser Stelle nicht darum gehen, Patenschaftsprojekte grundsätzlich in Frage zu stellen, allerdings muss schnellstmöglich flankierend für alle diese Projekte sichergestellt werden, dass die Kinder und Jugendlichen in Patenschaften bestmöglichst vor sexuellen Übergriffen geschützt sind.

Patenschaftsprojekte bieten kostengünstige UND häufig funktionierende Lösungen für gesellschaftliche Integrationsprobleme. Es kann also nicht darum gehen, sie zu verdammen und abzuschaffen. Wie so häufig, geht es um ein sowohl als auch. All die Anbieter*innen von Patenschaftsprojekten müssen, wollen sie das Wohl der Kinder und Jugendlichen wirklich sichern, Maßnahmen entwickeln bzw. aus anderen Bereichen adaptieren, die sicherstellen, dass der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexuellem Missbrauch in Patenschaftsprojekten adäquat berücksichtigt wird.

Für diese notwendigen Maßnahmen der Prävention von sexuellem Missbrauch sind (personelle und finanzielle) Ressourcen erforderlich, über die Patenschaftsprojekte aktuell meist nicht verfügen. Dies bedeutet in der Konsequenz, dass Politik und Gesellschaft, wollen sie den Ausbau von Patenschaftsprojekten weiter fördern, nicht umhin kommen, die bestehenden Projekte ausreichend auszustatten, aber auch eine Förderung auch mit entsprechenden Auflagen zur Verbesserung des Schutzes zu verbinden. Diese „günstigen“ Patenschaften werden dann zwar teurer, aus ethischer Sicht scheint es jedoch unvertretbar, die Gefahr von sexuellem Missbrauch, die aus Sicht von Fachkräften in diesen Projekten so offensichtlich gegeben ist, auf Kosten betroffener Kinder und Jugendlicher dauerhaft zu ignorieren.

Auch wir selbst wollen einen Beitrag leisten. Zum Jahresende wird ein Praxishandbuch „Prävention von sexuellem Missbrauch in Patenschaftsprojekten“ von uns herausgegeben werden, das Vermittlungsstellen mit ausgewählten Materialien dabei unterstützen soll, den Schutz zu verbessern und auszubauen.

Ich komme nun zur speziellen Würdigung der diesjährigen Preisträger*in und damit wird auch nachvollziehbar, was der Anlass für die bisherigen inhaltlichen Ausführungen ist.

Arbeit für Jugend e.V. ist ein Verein, der im Landkreis Wolfratshausen angesiedelt ist. Er bietet seit 1998 für Hauptschüler*innen mit einem Notendurchschnitt unter 3,5 sogenanntes Coaching an, sprich Unterstützung bei der Quali-Vorbereitung, bei der Bewerbung und beim Vorstellungsgespräch, bei der Ausbildungsplatzsuche, aber auch beim Einstieg in das Berufsleben. Die Coaches, so heißen dort die Paten und Patinnen, sind ehrenamtlich tätig und kümmern sich kostenlos ein- bis zweimal die Woche um die Schüler und Schülerinnen. Sie arbeiten vernetzt mit der betreffenden Schule sowie zahlreichen weiteren Akteuren im Landkreis.

Der Verein „Arbeit für Jugend e.V.“ hat bereits Ende 2010 spezifische Risiken, die in Patenschaftsprojekten bestehen, erkannt und der Vorstand beschloss damals, den Schutz vor sexuellem Missbrauch im Rahmen der eigenen Vereinsaufgaben sehr hoch zu bewerten. Gut ein Jahr hat der Verein (obwohl ausschließlich ehrenamtlich tätig) sich daraufhin nun in Vorträgen, Workshops und Vereinssitzungen mit der Verbesserung des Schutzes von Kindern und Jugendlichen im Rahmen der Coaching-Angebote auseinandergesetzt.

Mittlerweile gibt es einen selbst entwickelten und breit im Verein diskutierten Verhaltenskodex, den jede Person bei Beginn der Tätigkeit als Coach unterschreibt. Dass neue Coaches von den beiden Vorstandsvorsitzenden, Herrn Niegel und Frau Kallen, im Gegensatz zu vielen anderen Patenschaftsprojekten, äußerst sorgfältig geprüft und ausgewählt werden, ist ein weiterer Teil des Schutzpaketes. Ergänzend wurde für den Verdachtsfall ein Krisenleitfaden mit AMYNA diskutiert und eingeführt, bei dem klar geregelt ist, wie der Vorstand im Verdachtsfall kompetent und vernünftig reagieren kann.

Besonderes Anliegen der Vereinsmitglieder und Coaches war es, Schutzvereinbarungen zu entwickeln, die der besonderen Situation von 1:1 Patenschaften Rechnung tragen, aber auch in der Praxis funktionieren, d.h. praktikabel sind.

So erinnere ich mich an eine Debatte mit den Coaches, die sehr ernsthaft und um Konsens bemüht zum Thema „Geschenke“ der Coaches für die Jugendlichen geführt wurde. Einerseits war allen Beteiligten klar, dass über die Schiene von materiellen Geschenken u.U. eine Manipulation der Jugendlichen durch einen Täter oder eine Täterin möglich würde, andererseits war es einigen Coaches sehr wichtig, die meist materiell benachteiligten Jugendlichen auch ab und zu mal „belohnen“ oder „beschenken“ zu dürfen. Ein Englisch-Lexikon muss möglich sein, über das Fahrrad, das der Jugendliche dringend bräuchte und das man selbst ausmistet, wurde debattiert, eine Playstation, die von mir ins Spiel gebracht wurde, dagegen als mögliches Geschenk einhellig abgelehnt. Die Coaches haben sich entschieden die Möglichkeit des Herstellens von Abhängigkeiten möglichst gering zu halten und haben sich hierzu eine Regel gegeben.  Diese lautet: „Geschenke sind eine Ausnahmen und übersteigen nicht den Wert von 25 €. Ich informiere über größere Geschenke an Dich immer den Vorstand“. So hat der Verein einen Schritt unternommen Transparenz herzustellen und die Möglichkeiten Abhängigkeiten herzustellen eingedämmt. Weitere Schutzvereinbarungen z.B. zum Thema Jugendschutz oder Geheimnisse wurden gemeinsam erarbeitet, diskutiert und beschlossen.

Über diese Schutzvereinbarungen werden sowohl die Eltern als auch die Jugendlichen informiert und gebeten, bei einem Verstoß des Coaches den Vorstand zu informieren. So soll ein Netz der Sicherheit gewoben werden, dass den „Wolf im Schafspelz“ für alle erkennbar macht.

Ausgangspunkt aller bereits beschriebenen Maßnahmen waren Schulungseinheiten für den Verein zum Thema „sexueller Missbrauch“ und „Möglichkeiten der Prävention“.

Mit großer Eindeutigkeit und Klarheit stellten sich während des gesamten Entwicklungsprozesses sowohl der Vorstand, als auch die Vereinsmitglieder und Coaches auf Seiten des Kinderschutzes. Sie ließen sich dabei immer wieder auf den sicherlich beängstigenden Gedanken ein, was wäre, wenn einer von ihnen, ein Coach, die Betreuung eines Jugendlichen für sexuelle Übergriffe nutzen würde. Deutlich wurde immer wieder das Ringen des Vorstands, der Vereinsmitglieder und Coaches um den Zusammenhalt, um eine gemeinsam getragene Haltung, darum, dass bei diesem Veränderungsprozess niemand verloren gehen sollte. Gleichzeitig stand die Verbesserung des Kinderschutzes immer vorne an.

Insgesamt hat der Verein „Arbeit für Jugend e.V.“ aus unserer Sicht mit ausgesprochen hoher Ernsthaftigkeit und Professionalität einen Veränderungsprozess im Verein eingeleitet, und sich gemeinsam auf den Weg gemacht. Dieser Prozess hat zum Ziel  die Prävention von sexuellem Missbrauch und die Intervention bei Verdacht in den Verein beispielhaft zu integrieren. Einen solchen Prozess in einem Ehrenamtsprojekt einzuleiten erfordert viel Engagement und Kontinuität. So stellen wir uns Maßnahmen zum Schutz vor Missbrauch in Patenschaftsprojekten vor! Wir würden uns daher sehr freuen, wenn auch das Preisgeld, das Frau Adolf-Betz von der Firma Betz-Chrom seit Jahren ergänzend zu unserem Preis zur Verfügung stellt, für die Weiterentwicklung und zukünftige Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexuellem Missbrauch innerhalb des Vereins Verwendung finden würde.

Sehr geehrte Preisträger*in, liebe Frau Kallen, lieber Herr Niegel, stellvertretend für den Vorstand von Arbeit für Jugend e.V., liebe Mitglieder des Vereins, liebe Coaches, wir freuen uns sehr, dass wir Ihnen heute als Anerkennung und mit einem Dank für Ihre Klarheit, eindeutige Haltung und ihre Schutzmaßnahmen für Kinder und Jugendliche verbunden, den AMYNA-Präventionspreis 2012 überreichen dürfen und bitten Sie nun den Preis in Empfang zu nehmen.

 


[1] InBas Sozialforschung ist ein privates Sozialforschungs- und Sozialplanungsinstitut mit Sitz in Frankfurt am Main. Inhaltliche Schwerpunkte sind Migration und Integration, freiwilliges und bürgerschaftliches Engagement, Bildung und Beschäftigung, Seniorenpolitik und Altenhilfe.

[2] Stand: 21.03.2012

[3] Lt. Patenatlas der Aktion „Zusammen-Wachsen“, die von der InBas-Sozialforschung 166 Patenschaftsprojekte in Deutschland unter-suchen ließ, liegt der durchschnittliche Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund in den untersuchten Patenschaftsprojekten bei rund dreiviertel der 15.000 Kinder, Jugendlichen und Eltern.

[5] Eine beschränkte Möglichkeit ihre Kinder umfassend vor Gefahren zu schützen, ist bei Eltern dann eher zu vermuten , wenn sie zeitweise selbst mit ihrem eigenen Leben überfordert sind, so z.B. bei Menschen mit einer psychischen Erkrankung, bei Menschen, die arbeitslos und sehr arm sind, bei Menschen, die als Flüchtlinge in unser Land kommen usw..

2011 Bayerischer Tischtennis-Verband, Bereich Leistungssport

2011 wurde der Bayerische Tischtennis-Verband, Bereich Leistungssport, für sein Engagement bei der Entwicklung eines Präventionspaketes zum Schutz von Mädchen* und Jungen* mit dem AMYNA-Präventionspreis ausgezeichnet. Der Bayerische Tischtennis-Verband legte für den Bereich Leistungssport ein sehr umfassendes Paket der Prävention und Intervention vor, das in seiner Konsequenz und Zügigkeit bei der Einführung innerhalb des Sports mit Sicherheit als beispielhaft angesehen werden kann.

Laudatio als PDF (nicht barrierefrei)

Preisverleihung AMYNA Präventionspreis – Laudatio

04.05.2011

preisverleihung_2011

Laudatio von Christine Rudolf-Jilg
(es gilt der gesprochene Text)

Sehr geehrte Preisträger*innen,
sehr geehrte Damen und Herren,

auch ich möchte Sie ganz herzlich bei AMYNA, im Institut zur Prävention von sexuellem Missbrauch willkommen heißen.

Kein Kind kann sich alleine vor sexuellem Missbrauch schützen, das hat meine Kollegin Frau Djafarzadeh bereits eingangs erwähnt. Umso wichtiger ist es, dass Erwachsene, die für Kinder und Jugendliche Verantwortung tragen, Schutzaufgaben übernehmen.

Im vergangenen Jahr wurden diese Erwachsenen nicht nur in katholischen Einrichtungen und Internaten an ihre Verantwortung erinnert – Sie alle haben sicherlich die Aufdeckungen von sexuellem Missbrauch im Canisiuskolleg in Berlin oder in der Odenwaldschule im Kopf. Auch in anderen Arbeitsfeldern, in denen mit Kindern und Jugendlichen gearbeitet wird, sahen sich die Verantwortlichen mit Aufdeckungen konfrontiert. Es verwundert daher nicht, dass AMYNA im vergangenen Jahr in allen Arbeitsbereichen eine derart starke Nachfrage hatte, dass wir personell weit über unsere Möglichkeiten ausgelastet waren.

Die Not gebiert oft neue Ideen und so entwickelten wir ein Angebot,  das wir „Gefährdungsanalyse“ nannten und das – im Vergleich zu aufwendigen Beratungsprozessen, die wir bis dahin Trägern anboten – mit deutlich weniger Zeitaufwand verbunden, ebenfalls den Schutz vor sexuellem Missbrauch im Verantwortungsbereich eines Trägers deutlich verbessern kann.

Diese bundesweit einmalige und neu entwickelte sogenannte „Gefährdungsanalyse“ besteht aus unterschiedlichen Bausteinen:

  • einem ausführlichen, leitfadengestützten Interview mit dem Träger
  • unserer Eigenrecherche auf dessen Website
  • der Sichtung von vorhandenen Materialien des Trägers zum Bewerbungs- und Einstellungsverfahren, zur Organisationsstruktur, zu Leitlinien und ggf. bereits bestehenden Schutzvereinbarungen usw..
  • der Analyse anonymisierter Fallskizzen, die der Träger ggf. über frühere Vorfälle erstellt.
  • in der Hauptsache dann natürlich in der Erstellung der sogenannten schriftlichen „Gefährdungseinschätzung“, die Lücken im System eines Trägers benennt und Vorschläge für die Schließung der Lücken macht sowie einem abschließenden Erläuterungs- und Klärungsgespräch.

Diese „Gefährdungsanalyse“ erfordert im Gegensatz zur (erfahrungsgemäß) fast dreijährigen intensiven Begleitung eines Trägers, wie schon erwähnt nur einen Bruchteil unserer Arbeitszeit, ist also deutlich ressourcenschonender. Sie befindet sich aktuell in der Erprobungsphase. Aus momentaner Sicht des Instituts ist die Möglichkeit der Übertragbarkeit wohl nur im Hinblick auf kleinere Träger denkbar. Weitere Einschätzungen sind allerdings erst möglich, wenn diese Form der Trägerberatung häufiger durchgeführt und evaluiert wurde. Für dieses Vorhaben wurden bereits verschiedene Anträge an Stiftungen gestellt. Wir freuen uns sehr, dass der Bayerische Tischtennisverband für den Bereich Leistungssport einer der ersten war, der gemeinsam mit uns diese neue Form der Trägerberatung versucht hat.

Das Wissen um sexuellen Missbrauch durch Mitarbeiter*innen in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe bzw. Kinder- und Jugendarbeit ist für uns Fachberatungsstellen nicht neu. Seit mehr als 10 Jahren wird dieses Wissen ebenso publiziert, wie auch das Wissen um Gegenstrategien, die Träger*innen ergreifen können. Die „strukturellen Präventionselemente“, so nennen wir diese Gegenstrategien von Trägern, wurden allerdings mit den Jahren immer umfassender und differenzierter. Aus Fällen neue Erkenntnisse gewinnen, von Best Practise Beispielen national, aber auch international lernen, eigene Ansätze weiterentwickeln und präzisieren, so funktioniert in diesem Arbeitsfeld unsere Arbeit und die anderer Fachstellen. Auch die Runden Tische in Berlin, haben hier ihren Beitrag für die Präventionsarbeit geleistet.

Aktuell umfassen die von uns berücksichtigten und im Rahmen der Gefährdungsanalyse empfohlenen Präventionsmaßnahmen grundsätzlich folgende Elemente:

1 Maßnahmen im Rahmen des Einstellungsverfahren bzw. der Mitarbeiter*innenführung (Führungszeugnisse, Referenzen u.ä.)
2 die Entwicklung eines Verhaltenskodex
3 sogenannte Schutzvereinbarungen für Mitarbeiter*innen für Situationen, in denen eine besondere Nähe zu Kindern und Jugendlichen entsteht (darauf möchte ich anschließend kurz eingehen) verbunden
4 mit einem Beschwerdesystem für Kinder und Jugendliche und
5 einer ergänzenden Elterninformation
6 einem pädagogischen Konzept, das Prävention im Alltag berücksichtigt und mit einer konkreten Präventionsarbeit mit Kindern bzw. Jugendlichen verbunden werden kann
7 einem Krisenleitfaden für das interne Vorgehen bei einem Verdacht auf Missbrauch durch Mitarbeiter*innen und damit einhergehend
8 der Zusammenarbeit bei der Fallbearbeitung mit externen Fachberatungsstellen
9 einer umfassenden Öffentlichkeitsarbeit zu allen getroffenen Maßnahmen
10 der Beauftragung von Präventions- und Interventionsbeauftragten innerhalb der Organisation
11 der Entwicklung von Fort- und Weiterbildungsangeboten für alle Mitarbeiter*innen und last but not least
12 die Absicherung und Verstetigung dieser Elemente im Rahmen des Qualitätsmanagements des Trägers sowie
13 die regelmäßige Aktualisierung mit neuen oder verbesserten Elementen durch gesetzliche Vorgaben bzw. neue Erkenntnisse aus der Präventionsforschung (das sogenannte Präventions-Update).

Ich möchte im Rahmen dieser Laudatio drei dieser Elemente herausgreifen und kurz erläutern, die Schutzvereinbarungen, das damit verbundene Beschwerdemanagement für Kinder und Jugendliche und die ergänzende Elterninformation. Ich werde im Folgenden bei der Kombination der drei Elemente vor allem auf deren sinnhafte Verknüpfung eingehen und lasse nun andere (ebenfalls wichtige) Bestandteile beim Beschwerdemanagement unberücksichtigt.

Muss der Umgang zwischen Kindern bzw. Jugendlichen und Erwachsenen, die mit ihnen arbeiten, neu geregelt werden? Ich behaupte: ja. Die Unsicherheit und die Angst bei Mitarbeiter*innen „falsch verdächtigt“ zu werden, ist gerade seit dem vergangenen Jahr hoch, nicht zuletzt durch aufgedeckte Fälle, die Träger irritiert und Mitarbeiter*innen stark verunsichert haben. Aber auch das durchaus berechtigte Anliegen der Gesellschaft, dass sexueller Missbrauch in Institutionen möglichst umfassend zu verhindern ist und dazu eben auch Schutzmaßnahmen zu vereinbaren sind, ist hier zu berücksichtigen.

In der Öffentlichkeit herrscht häufig Unmut, wenn Fälle aufgedeckt werden, bei denen Kinder oder Jugendliche – und jetzt komme ich zu Beispielen aus dem Sport – bei Wettkämpfen mit Wissen und Billigung des Verbands regelmäßig gemeinsam mit der Trainerin /dem Trainer in einem Raum schlafen oder grundsätzlich mit ihm gemeinsam duschen mussten und dies von ihm dann zu sexuellen Übergriffen genutzt wurde. Ebenso wenig nachvollziehbar ist es, wenn deutlich wird, dass Trainer bzw. Trainerinnen mit Kenntnis der Verantwortlichen im Verband über einen langen Zeitraum besondere Vergünstigungen oder Geschenke für einzelne Kinder oder Jugendliche vergaben und diese so in eine besondere Abhängigkeit brachten, die sie für den sexuellen Missbrauch ausnutzten.

Die Strategien von Tätern und Täterinnen beinhalten in zahlreichen Fällen, die wir ausgewertet haben oder die in der Fachliteratur beschrieben wurden, das gezielte Schaffen und Ausnutzen von Gelegenheitssituationen. So wissen wir von Fällen in Ferienlagern, in den regelmäßige Zeckenuntersuchungen durchgeführt und so sexueller Missbrauch angebahnt wurde. Als „medizinische Untersuchungen“ oder „Massage“ getarnte sexuelle Übergriffe sind ebenso bekannt, wie auch „Kitzel- oder Tobespiele“, die erste Übergriffe, z.B. ein Berühren intimer Stellen am Körper ermöglichten. Auch „Hygieneschulungen“, wie etwa „ich zeige dir jetzt mal, wie du beim Duschen die Vorhaut zurückschiebst um deinen Penis ordentlich zu säubern“ oder besonders körperbetonte „Hilfestellungen“ beim Sport gehören zu bekannten Täterstrategien.

Im Übrigen erweisen sich Täter und Täterinnen im Umgang mit den betreffenden Kindern und Jugendlichen häufig als besonders zugewandt, aufmerksam und einfühlsam. Sie sind oft die „besten“ Pädagog*innen, Trainer*innen, Therapeut*innen, Lehrer*innen oder Pfarrer*innen. Und die Sonderwege, die sie gehen, werden von ihnen häufig als „besondere“ Zuwendung, als „besonderes“ Engagement getarnt, das Träger, Kolleg*innen, manchmal auch die Eltern oft sogar bewundern, da es weit über das Normalmaß hinaus geht.

Genau an diesen Punkten können Schutzvereinbarungen ansetzen. Denn sie formulieren Regeln, welches Verhalten Erwachsener im Umgang mit den Kindern und Jugendlichen in Ordnung ist und was eben nicht. Als präventive Maßnahme greifen Schutzvereinbarungen überall dort, wo Situationen standardisierbar sind, z.B. in der Situation des Duschens nach dem Sport. Hier lautet die Schutzvereinbarung des BTTV ganz einfach: Trainer*innen duschen nicht gleichzeitig mit Kindern und Jugendlichen.

Wir müssen für Standardsituationen also definieren, was wir als sinnvolles Arbeiten mit Kindern und Jugendlichen im jeweiligen Arbeitsfeld bewerten und wo Grenzen sind und dies gegenüber Kindern, Jugendlichen, aber auch den Eltern deutlich machen. Sie müssen wissen, was in diesem Arbeitsbereich nicht mehr erwünscht ist und u.U. den Beginn von sexuellem Missbrauch, in jedem Fall aber eine Regelverletzung darstellt.

Die „Schutzvereinbarungen“, wie wir sie nennen, markieren so auf der „breiten Straße“ pädagogisch guten und korrekten Handelns „Abzweigungen“ und machen diese Abzweigungen für Kinder und Jugendliche, aber auch andere Mitarbeiter*innen und Eltern frühzeitig erkennbar. Verstöße gegen diese Schutzvereinbarungen sind daher nicht automatisch bereits mit sexuellem Missbrauch gleichzusetzen, machen aber deutlich, dass hier ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin gegen eine Vereinbarung des Trägers handelt. Eine Abzweigung (d.h. eine Ausnahme) muss auch mal erlaubt sein, darf jedoch nur in Absprache mit Kolleg*innen bzw. dem Träger gegangen werden und sollte mit allen Beteiligten rückgekoppelt sein. Häufige Abzweigungen zeigen dagegen ein Problem mit der eigenen Rolle bzw. Funktion und sollten v.a. vom Träger, aber auch von den Kolleg*innen benannt und kritisch hinterfragt werden, da sie pädagogisch bedenkliches Verhalten beinhalten.

So können klar formulierte Schutzvereinbarungen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen wieder eine neue Sicherheit im Umgang mit betreuten Kindern und Jugendlichen geben, aber auch Kindern, Jugendlichen und Eltern erste Anhaltspunkte dafür bieten, dass sich da jemand entgegen aller Vereinbarungen „seltsam“ und regelverletzend verhält. Dies erlaubt es ihnen u.U. auch, ein vermeintlich besonders „engagiertes“ Verhalten kritisch zu hinterfragen. Und hier schlägt sich der Bogen zum Beschwerdemanagement, das Träger für Kinder und Jugendliche entwickeln sollten und das auch Eltern mit einbezieht. Sie müssen ebenfalls wissen, welche Vereinbarungen zwischen dem Träger und den Mitarbeiter*innen bestehen und wie sie auffälliges Verhalten Einzelner ansprechen und benennen können.

Dass dies für Kinder und Jugendliche trotz allem ein schwieriger Schritt sein wird, ist klar. Umso wichtiger ist auch in diesem Zusammenhang die Aufmerksamkeit der Eltern und der Kolleg*innen. Grundsätzlich erleichtert werden kann dieser Prozess der erhöhten Sensibilität im Umgang mit Kindern und Jugendlichen durch ein immer wieder aufmerksames und gegenseitig kritikfähiges Miteinander aller Erwachsenen, die gemeinsam den Umgang mit Kindern und Jugendlichen reflektieren und an einer Verbesserung arbeiten. Dass hier eine Kultur des Diskutierens, Lobens und Verbesserns förderlicher ist als eine Kultur der Strafe oder Kritik, ist sicherlich nachvollziehbar.

Wichtig ist es, dass ersten Übergriffen, die TäterInnen im Schutz von Institutionen anbahnen und begehen, möglichst wirksam vorgebeugt wird und dass das Verwirrspiel, das Täter*innen bekanntermaßen zur Manipulation von Kindern und Jugendlichen, aber auch von Erwachsenen im Umfeld, entwickeln, beendet und als beginnender Missbrauch entlarvt werden kann.

Ich komme nun zur speziellen Würdigung der diesjährigen Preisträger und damit wird auch nachvollziehbar, was der Anlass für die bisherigen inhaltlichen Ausführungen ist.

Der Bayerische Tischtennisverband hat sich im vergangenen Jahr dafür entschieden im Bereich Leistungssport Präventionsmaßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen zu entwickeln und umzusetzen. Da dies aus zeitlichen Gründen nicht anders möglich war, wurde gemeinsam mit AMYNA im Rahmen des eingangs beschriebenen Pilotprojekts eine Gefährdungsanalyse durchgeführt. Ernsthaft setzte sich der BTTV mit Gefährdungsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen im Rahmen seines Verantwortungsbereichs auseinander und begann zeitnah, zügig und entschlossen mit der Umsetzung der von uns empfohlenen präventiven Elemente.

Wir freuen uns darüber, dass ein Träger, der ausgewiesen nicht aus dem pädagogischen Bereich, sondern aus dem Sport, hier sogar aus dem Leistungssport kommt, nicht nur eine eindeutige Haltung zum Thema hat, sondern auch zielstrebig und konsequent in kürzester Zeit zahlreiche strukturelle Schutzmaßnahmen ergriffen hat.

Neben der Einführung von Führungszeugnissen im Einstellungsverfahren von Verbandstrainern und -Trainerinnen und deren regelmäßiger Aktualisierung, wurde ein Verhaltenskodex ebenso Vertragsbestandteil zwischen dem BTTV und seinen Trainern und Trainerinnen wie Schutzvereinbarungen, die spezifisch und individuell für dieses Arbeitsfeld entwickelt wurden.

So wurde die Frage von Geschenken und besonderen Vergünstigungen durch einzelne Trainer*innen ebenso geregelt, wie die (gerade im Leistungssport) häufig relevante Frage der Übernachtungen oder der Mitnahme in den Privatbereich des Trainers bzw. der Trainerin. Das Abschließen von Türen oder gemeinsame Duschen mit Kindern und Jugendlichen stellt zukünftig eine Regelverletzung dar. Geheimnisse mit Kindern und Jugendlichen werden als unerwünscht formuliert, Kinder und Jugendliche werden von Täter*innen nämlich häufig mit einem Schweigegebot belegt.
Ein Abweichen von den Schutzvereinbarungen ist erst nach Rücksprache mit dem Verband oder mit anderen Trainer*innen erlaubt. In der Information der Kinder, Jugendlichen und Eltern ist der eindeutig Wunsch des Verbandes formuliert, dass diese sich beschweren sollen, wenn es zu Verstößen oder gar zu Grenzverletzungen kommt. Hervorzuheben ist besonders, dass der Verband ohne wenn und aber die Möglichkeit der Beschwerde auch bei externen Stellen eindeutig benennt und für gut befindet und damit die Beschwerdemöglichkeiten für Betroffene erleichtert. Alle Kinder und Jugendlichen sowie deren Eltern erhalten die Informationen bereits bei der Aufnahme in den Kader. Für den Fall eines Verdachts gegenüber Trainer*innen, aber auch für den Fall eines häufigeren oder massiveren Verstoßes gegen die Schutzvereinbarungen ist das interne Vorgehen ebenso klar geregelt, wie auch das Hinzuziehen einer externen Fachstelle, die gemeinsam mit dem Präsidenten sowie dem Anti-Missbrauchs-Beauftragten die Situation bewerten und das weitere Vorgehen entscheiden soll. Der Anti-Missbrauchs-Beauftragte wurde durch die Sprachregelung des BTTV dem Anti-Doping-Beauftragten gleichgestellt und ist für die Steuerung der Prävention und Intervention zuständig.

Insgesamt legt der Bayerische Tischtennisverband für den Bereich Leistungssport (und unseres Wissens für den Leistungssport in Deutschland überhaupt erstmalig) damit ein sehr umfassendes Paket der Prävention und Intervention bei sexuellem Missbrauch vor, das in seiner Konsequenz innerhalb des Sports sicherlich als beispielhaft angesehen werden kann. Wir würden uns sehr freuen, wenn das Preisgeld für einen weiteren Ausbau des Schutzes der Kinder und Jugendlichen vor sexuellem Missbrauch innerhalb des Verbandes Verwendung finden würde.

Sehr geehrte Preisträger, wir freuen uns sehr, dass wir Ihnen heute als Anerkennung und mit einem Dank für Ihre eindeutige Haltung und ihre Präventionsmaßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexuellem Missbrauch verbunden, den AMYNA-Präventionspreis 2011 überreichen dürfen und bitten Sie nun den Preis in Empfang zu nehmen.

 

2010 Wichernzentrum

2010 hat das Wichernzentrum für seinen umfangreichen und nachhaltigen Einsatz zur Prävention den AMYNA-Präventionspreis erhalten. Nicht nur die gut organisierten und durchdachten Hilfen bei einem Verdacht auf sexuellen Missbrauch, sondern auch die konzeptuell verankerten präventiven Maßnahmen, die auch die Vorbeugung sexueller Gewalt unter Kindern und Jugendlichen beinhalten, überzeugten.

Laudatio als PDF (nicht barrierefrei)

Preisverleihung AMYNA Präventionspreis 2010 – Laudatio

4.5.2010

2010_0527

Laudatio gehalten von Elke Schmidt, Vorstand von AMYNA, Institut zur Prävention von sexuellem Missbrauch
Sehr geehrte PreisträgerInnen,
sehr geehrte Damen und Herren,
ich möchte Sie ganz herzlich zur Verleihung des Präventionspreises hier bei AMYNA begrüßen.
Wir freuen uns sehr, dass Sie heute zur Preisverleihung erschienen sind.
Ich freue mich deswegen besonders, weil Sie damit Ihre Anerkennung für die Arbeit der Preisträger zum Ausdruck bringen und gleichzeitig Ihr Interesse an der Präventionsarbeit von AMYNA zeigen.
Seit nunmehr 20 Jahren hat sich AMYNA zum Ziel gesetzt, sexualisierter Gewaltgegen Mädchen und Jungen entgegenzuwirken.
Um dies zu erreichen, nehmen wir die Erwachsenen in die Verantwortung.
Denn kein Kind kann sich allein schützen!
Die Verantwortung für den Schutz von Mädchen und Jungen liegt bei deren erwachsenen Bezugspersonen und letztendlich der ganzen Gesellschaft.

Durch ein breites Informations- und Fortbildungsangebot versuchen wir möglichst viele Personen, die mit Mädchen und Jungen zu tun haben, für die Präventionsarbeit zu gewinnen und zu qualifizieren.
Zudem wollen wir mit unserer Arbeit die Gesellschaft für das Thema sexueller Missbrauch sensibilisieren und Öffentlichkeit für die Präventionsarbeit herstellen.
Daher hat der Verein AMYNA beschlossen, mit der Verleihung des
Präventionspreises Institutionen oder Personen zu würdigen, die einen besonderen Beitrag zur Präventionsarbeit leisten.

Was zeichnet gute Prävention aus?
Gute Präventionsarbeit setzt an den Bedürfnissen und Interessen der Mädchen und Jungen an.
Es gilt, für ihr Recht auf körperliche und sexuelle Unversehrtheit, für ihre persönliche Würde, ihren Schutz und die Entwicklung einer selbstbestimmten Sexualität einzutreten.
Wir alle wissen längst, dass unaufgeklärte Mädchen und Jungen leichter Opfer von sexuellem Missbrauch werden und dass Kinder, die keine Sprache für Sexualität haben, die Körperteile und Berührungen nicht benennen können, sich im Falle eines sexuellen Übergriffs nicht mitteilen können.
Präventionsarbeit soll Mädchen und Jungen daher über Formen sexueller Gewalt, über Täter/innen und Handlungsmöglichkeiten informieren. Eine Voraussetzung dafür ist, ihnen zunächst Wissen über ihren Körper und Sexualität zu vermitteln.
Prävention von sexuellem Missbrauch beinhaltet daher immer auch Sexualerziehung und baut auf ihr auf.
Eine umfassende Präventionsarbeit sieht die Mädchen und Jungen zudem nicht nur als potentielle Opfer von sexueller Gewalt, sondern nimmt sie mit ihren Stärken und ihrer Lebensfreude wahr. Diese Lebensfreude drückt sich gerade bei jüngeren Kindern auch in der Freude am eigenen Körper, der Entdeckungslust und sexuellen Neugier aus.
Gleichzeitig sind viele Erwachsene – Eltern wie Fachkräfte – durch Handlungen von Mädchen und Jungen, die irgendwie sexuell wirken, irritiert und verunsichert. Wird Sexualität doch meist nur mit Erwachsenen oder Jugendlichen in Verbindung gebracht.
Das Thema Sexualerziehung fristet daher in vielen pädagogischen Einrichtungen ein Schattendasein. Auch in der Ausbildung der ErzieherInnen findet das Thema zu wenig Beachtung und vor allem Fortbildungsangebote zum Thema kindliche Sexualität und Sexualerziehung im Krippen- und Kindergartenalter sind rar.
AMNYA weist schon seit vielen Jahren auf die Bedeutung der Sexualerziehung für die Prävention hin und das Thema fließt in unsere Veranstaltungen mit ein. Sexualerziehung jedoch nur unter dem Aspekt der Gewaltprävention und kindliche Sexualität nur unter dem Fokus der Gewalt zu betrachten, greift zu kurz.
Daher haben wir bei AMYNA beschlossen, den Bereich Sexualpädagogik als eigenständigen Teil der Präventionsarbeit auszubauen und die große Nachfrage nach Elternabenden und Fortbildungen zu diesem Thema bestätigt die Notwendigkeit dieses Angebots.

Aufgabe der Sexualerziehung ist es, Mädchen und Jungen in ihrer sexuellen Entwicklung zu begleiten und zu unterstützen. Dazu sollte die Aufmerksamkeit zunächst auf die positiven Seiten der Sexualität gerichtet werden.

Die sexuelle Entwicklung von Kindern beginnt mit der Geburt und hängt vor allem davon ab, welche Haltung zu Sexualität ihnen ihre Bezugspersonen vermitteln. Dies geschieht nicht nur durch eine aktive Sexualerziehung, sondern auch dadurch, wie wir mit Körperlichkeit, Nähe, Zärtlichkeit umgehen und auf kindliche sexuelle Aktivitäten reagieren.
Sexualerziehung findet also immer statt – ob, bewusst oder unbewusst. Eine unterstützende Sexualerziehung zu leisten, setzt daher ein großes Maß an Selbstreflexion voraus.
Um in einer Einrichtung zu einem bewussten und einheitlichen Umgang mit kindlichen sexuellen Aktivitäten zu kommen, ist es notwendig, sich mit dem Thema kindliche Sexualität auseinanderzusetzen und sich Wissen über die kindliche sexuelle Entwicklung anzueignen.
Wünschenswert für pädagogische Einrichtungen ist die Entwicklung eines sexualpädagogischen Konzepts, das Grundsätze für die sexualpädagogische Arbeit festlegt und den MitarbeiterInnen damit Klarheit, Sicherheit und Fachlichkeit für den pädagogischen Alltag vermittelt. Dies unterstreicht auch die Qualität der Einrichtung.

Mädchen und Jungen in ihrer sexuellen Entwicklung unterstützend zu begleiten, heißt zunächst einmal, sie als sexuelle Wesen wahrzunehmen, kindliche Sexualität als etwas Eigenständiges zu betrachten und die lustvollen Handlungen von Mädchen und Jungen nicht abzutun oder zu ignorieren, sondern als Ausdrucksformen ihrer Sexualität zu sehen.
Wenn wir zwischen kindlicher Sexualität und erwachsener Sexualität unterscheiden, können wir begreifen, dass das Erleben und Erfahren des eigenen Körpers, der Austausch von Zärtlichkeiten, Doktorspiele für die Persönlichkeitsentwicklung wichtig sind und den Mädchen und Jungen gut tut.
Sexualerziehung begleitet Mädchen und Jungen bei ihren Lernprozessen im Bereich Körper und Sexualität. Sie hat zum Ziel, Mädchen und Jungen jenseits der gängigen Rollenvorgaben zu fördern, sie in der Entwicklung des Selbstbewusstseins sowie der Liebesfähigkeit zu unterstützen und ihnen einen positiven Zugang zu ihrem Körper und ihrer Sexualität zu geben.
Dazu greift die Sexualerziehung im vorschulischen und schulischen Bereich eine Vielzahl von Themen auf. Die Mädchen und Jungen sollen ihren Körper entdecken und kennen lernen und zu vielfältigen Sinneserfahrungen angeregt werden. Bei körperlichen Bewegungen und im Spiel erfahren sie Selbstwirksamkeit, die Grundlage dafür dass sich das Ich-Gefühl, der Kern des Selbstbewusstseins, gut entwickeln kann. Dies fördert ein positives Körpergefühl und stärkt das kindliche Selbstvertrauen.
Sich im eigenen Körper sicher und wohl zu fühlen, ist eine wichtige Voraussetzung für ein konstruktives Sozialverhalten. Daher ist Sexualerziehung zugleich auch Sozialerziehung, ist Erziehung zu Beziehungs- und Liebesfähigkeit, indem sie erfahrbar macht, wie wichtig Zärtlichkeit, Vertrauen und gegenseitige Achtung sind.

Darüber hinaus bekommen Mädchen und Jungen Anregungen, Geschlechterrollen vielfältig zu gestalten und auf der Suche nach der eigenen Identität damit zu experimentieren. Zudem ist eine geschlechtsdifferenzierte Förderung angebracht. Mädchen und Jungen erhalten eine Sprache, für ihren Körper und Sexualität, die der positiven Bedeutung von Sexualität gerecht wird. Wird hierbei auch kindliche Sexualität thematisiert, ergänzt dies die Erfahrungen, die Mädchen und Jungen bei ihren Selbsterkundungen und den Körpererfahrungsspielen mit anderen machen und gibt ihnen Orientierung bezüglich eigener sexueller Bedürfnisse.
Darüber hinaus erhalten sie Wissen über die Geschlechtsunterschiede, über Zeugung, Schwangerschaft und Geburt und erfahren, dass Sexualität und das Bedürfnis nach Zärtlichkeit und Liebe eng miteinander verbunden sind und im Kontext sozialer Beziehungen steht. Dies ist ein Anknüpfungspunkt, um über Familie und verschiede Formen des Zusammenlebens zu sprechen.
Die Mädchen und Jungen werden auch in der Wahrnehmung ihrer Gefühle und Grenzen gefördert und lernen so, angenehme von unangenehmen Berührungen zu unterscheiden.
Dies alles trägt dazu bei, das die Mädchen und Jungen zu selbstbewussten und selbst bestimmten Persönlichkeiten heranwachsen.
Ihnen wurde sicher deutlich, dass sich viele Bereiche der Sexualerziehung mit denen der Prävention von sexueller Gewalt überschneiden und ergänzen.
Beide haben zum Ziel, Mädchen und Jungen sexuelle Selbstbestimmung, eine sexuelle Entwicklung frei von Gewalterfahrungen zu ermöglichen.
Dies wird am ehesten gelingen, wenn wir zunächst an den positiven Seiten der Sexualität anknüpfen und Mädchen und Jungen einen guten Zugang zum eigenen Körper, zur eigenen Sexualität geben, damit ihnen die Sexualität durch den Blick auf Gefährdungen und Gewalt nicht verleidet wird.
Sexualerziehung ist daher die Basis für Prävention von sexueller Gewalt.
Damit komme ich nun zur Würdigung unseres diesjährigen Preisträgers, dem Wichernzentrum der Diakonie Hasenbergl.
Das Wichernzentrum hat die Bedeutung der Sexualerziehung als einen wichtigen Baustein der Präventionsarbeit erkannt. Dies sollte Ausdruck finden in einem sexualpädagogischen Konzept. Da wir seit vielen Jahren in unseren Veranstaltungen betonen, dass die Sexualerziehung Basis der Präventionsarbeit ist, hat uns das Wicherzentrum damit beauftragt, die Einrichtung bei der Erstellung eines sexualpädagogischen Konzepts zu begleiten.
Diese Herausforderung nahmen wir gerne an.

Gemeinsam mit Fr. Grundner steckte ich den Rahmen für dieses Projekt ab.
Eine Fortbildungsreihe sollte fachliche Impulse geben und zum Austausch über sexualpädagogische Inhalte anregen mit dem Ziel, ein für die Einrichtungen des Wichernzentrums passendes sexualpädagogisches Konzept zu entwickeln.
Um das Thema Sexualerziehung möglichst breit zu streuen und zu verankern, wurden über einen Zeitraum von sieben Monaten VertreterInnen aus allen Einrichtungen des Wichernzentrums in drei Fortbildungsgruppen geschult. Die TeilnehmerInnen der Fortbildung waren Mulitplikatorinnen und hatten zur Aufgabe, die Fortbildungsinhalte in ihren Teams einzubringen.

Zum Abschluss der Fortbildungsgruppen stellten wir die für die jeweiligen Einrichtungen und Zielgruppen relevanten Themen und Fortbildungsinhalte zusammen, die ins Konzept aufgenommen werden sollten.
Durch dieses Vorgehen wurde auf breiter Basis der Austausch und die Diskussion über sexualpädagogische Inhalte im Wichernzentrum angeregt.
Auf der Grundlage dieser Auseinandersetzung kann ein sexualpädagogisches Konzept entstehen, das die Besonderheiten der Einrichtungen berücksichtigt und sich an den Bedürfnissen der Kinder und Jugendlichen orientiert.
Ein erster Entwurf für das Konzept ist bereits fertiggestellt und wird zur Diskussion an alle Einrichtungen des Wichernzentrums verteilt. Dabei werden auch erste Erfahrungen aus der Umsetzung der Fortbildungsinhalte in den pädagogischen Alltag einfließen.
Im Anschluss wird eine Arbeitsgruppe auf dieser Grundlage das Konzept noch einmal überarbeiten.
Die Erstellung des Konzepts ist zwar noch nicht abgeschlossen, aufgrund der geleisteten Vorarbeit und durch dieses Vorgehen, möglichst viele MitarbeiterInnen bei der Erstellung des Konzepts zu beteiligen, bin ich aber zuversichtlich, dass ein umfassendes und handlungsleitendes Konzept entstehen wird.
Ein solches Konzept läuft kaum Gefahr, ungelesen im Schrank zu verstauben.
Im Rahmen dieser Fortbildungen habe ich viele engagierte MitarbeiterInnen des Wichernzentrums kennen gelernt. Die Zusammenarbeit hat mir viel Freude gemacht, da die MitarbeiterInnen neben ihrer fachlichen Kompetenz eine große Bereitschaft zur Selbstreflexion und zur kritischen Überprüfung der eigenen Berufspraxis mitbrachten.
Die Fortbildungsinhalte fielen bei den MitarbeiterInnen auf fruchtbaren Boden. Viele Grundlagen der Sexualerziehung und Prävention, wie z. B. ein respektvoller Umgang mit den anvertrauten Kindern und Jugendlichen, das Ansetzten an den Stärken und Fähigkeiten der Mädchen und Jungen, die Förderung ihrer Selbstbestimmung sowie eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit deren Müttern und Vätern war für sie bereits selbstverständlicher Bestandteil ihrer Arbeit.
Auch dies zeichnet das Wichernzentrum aus. Denn kompetente MitarbeiterInnen sind kein Zufall – dahinter steht eine Einrichtung und Leitungen, denen Fachlichkeit und Weiterqualifizierung ihrer MitarbeiterInnen sowie die Weiterentwicklung der
Einrichtung wichtig sind.
Neben dem Engagement für die sexualpädagogische Arbeit, sind auch die Themen Prävention von sexuellem Missbrauch und Intervention feste Bestandteile der Arbeit des Wichernzentrums.
Auch im Bereich der Prävention achtet das Wichernzentrum darauf, seine MitarbeiterInnen weiterzuqualifizieren. Immer wieder nahmen MitarbeiterInnen des Wichernzentrums an unseren Fortbildungen zu Themen wie Verdachtsabklärung bei sexuellem Missbrauch, Hilfen zur Einführung des §8a und sexuellen Übergriffen unter Kindern teil. Auch Inhouse-Fortbildungen zu Themen der Prävention und Intervention wurden durchgeführt.
Dadurch herrscht im Wichernzentrum eine Atmosphäre des Hinschauens – die MitarbeiterInnen sind hellhörig bezüglich sexueller Gewalt auf allen Ebenen. Auch das Thema Missbrauch in Institutionen wird ernst genommen, der Umgang nicht nur der pädagogischen sondern aller MitarbeiterInnen mit den Mädchen und Jungen der Einrichtung wird kritisch hinterfragt.
Durch all diese Maßnahmen trägt das Wichernzentrum wesentlich zum Schutz der ihm anvertrauten Kinder und Jugendlichen vor sexuellen Übergriffen bei.
Daher hat die Mitfrauenversammlung unseres Vereins im November 2009 einstimmig beschlossen, dem Wichernzentrum als Anerkennung und Dank für seine Anstrengungen, Sexualerziehung und Prävention in seinen unterschiedlichen Einrichtungen möglichst breit zu verankern, den Präventionspreis 2010 zu verleihen.
Wir freuen uns, Ihnen in diesem feierlichen Rahmen den AMYNA-Präventionspreis und zudem einen Scheck in Höhe von 3000.- € überreichen zu können.
Durch die freundliche Unterstützung und das Engagement von Frau Miriam Adolf-Betz von der Firma Betz-Chrom ist dies nun schon im 2. Jahr möglich.
Wir freuen uns sehr, Sie, Frau Adolf-Betz, als Mitstreiterin für den Schutz von Mädchen und Jungen gefunden zu haben. Dafür vielen Dank!
Sehr geehrte Preisträger, wir freuen uns sehr, Ihnen als Anerkennung und Dank für Ihre Arbeit zum Schutz von Mädchen und Jungen den Präventionspreis 2010 überreichen zu dürfen. Stellvertretend für das Wicherzentrum dürfen nun Sie, Frau Grundner und Frau Küfner, den Preis in Empfang nehmen.

 

Evaluation der Wirksamkeit (2003)

Evaluation der Wirksamkeit präventiver Arbeit gegen sexuellen Missbrauch an Mädchen und Jungen (2003)

Evaluation der Wirksamkeit präventiver Arbeit gegen sexuellen MissbrauchExpertise

Die Frage nach der Wirksamkeit präventiven Handelns und deren Belegbarkeit beschäftigt Präventions-arbeiterInnen immer wieder. AMYNA legt hier mit der von Dr. Kindler erarbeiteten Expertise erstmals eine Zusammenschau internationaler wissenschaftlicher Ergebnisse vor, die Aufschluss über den momentanen Forschungsstand zur Wirksamkeit von Prävention gibt. Die Ergebnisse machen Mut, denn sie geben Hinweise darauf, dass Präventionsarbeit gegen sexuellen Missbrauch an Mädchen und Jungen an vielen Stellen die gewünschte Wirkung zeigt. Die Untersuchungen weisen aber auch auf Lücken hin und liefern Anhaltspunkte, Konzepte zu verändern und zu spezifizieren und Wirksamkeit neu zu überprüfen.

Preis: Euro 7,50 zzgl. Versandkosten (Restexemplare)

Bitte beachten Sie, dass bei Auslandsbestellungen erhöhte Porto- und Überweisungsgebühren anfallen. Bestellungen aus dem Ausland sind nur gegen Vorauskasse möglich.


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Mit diesem Buch werden die Leitungsebene, die Konzeptverantwortlichen in den Einrichtungen und die pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gleichermaßen angesprochen. Das Buch macht Mut das Thema trotz aller innerer und äußerer Widerstände anzugehen und zeigt, wie dies gelingen kann.

Preis: Euro 11,- zzgl. Versandkosten

Bitte beachten Sie, dass bei Auslandsbestellungen erhöhte Porto- und Überweisungsgebühren anfallen. Bestellungen aus dem Ausland sind nur gegen Vorauskasse möglich.


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