2021 AWO Bezirksverband Oberbayern e.V.

Am 20.05.2021 wurde der AWO Oberbayern e.V. – Abteilung Kindertagesbetreuung mit dem AMYNA-Präventionspreis 2021 ausgezeichnet. Kinderschutz in all seinen Aspekten, hat einen sehr hohen Stellenwert beim AWO-Bezirksverband Oberbayern e.V. und seinen 55 Kindertageseinrichtungen in Oberbayern, mit insgesamt ca. 4300 Betreuungsplätzen und 900 Mitarbeiter*innen.

„Aus unserer Sicht, ist die sexualpädagogische Arbeit ein elementarer Baustein, wenn wir von der Prävention sexualisierter Gewalt sprechen. Die Sexualpädagogik setzt an der sexuellen Identitätsbildung an, während die Prävention sexualisierter Gewalt die Abwehrfähigkeiten stärkt. Beide Aspekte dürfen also nicht getrennt voneinander betrachtet werden und gehören zusammen.“, so Sibel Ugur in Ihrem Fachvortrag.

Das hat der AWO Oberbayern e.V. beeindruckend verinnerlicht. Im Rahmen des Schutzkonzeptes hat der Verband Bausteine zur sexualpädagogischen Erziehung erarbeitet.

Yvonne Oeffling in ihrer Laudatio: „Besonders hervorzuheben ist, dass der AWO Bezirksverband Oberbayern e.V., Prävention als Bündnis der Verantwortung lebt und das Thema auch in der Elternarbeit fest verankert hat. Ein tolles Praxisbeispiel dazu ist der veranstaltete Fachtag zum Thema „Gelingende Sexualpädagogik im Alltag gestalten“, wo Einrichtungsleitungen gemeinsam mit Elternvertretungen zum Thema arbeiteten“.

Dafür und für das langjährige Engagement bedanken wir uns bei der AWO Oberbayern e.V. und gratulieren zum wohlverdienten Präventionspreis.

V.l.n.r.: Nicole Schley (Präsidentin AWO Oberbayern), Sibel Ugur (AMYNA e.V.) und Axel Geißendörfer (Leiter der Fachabteilung Kindertageseinrichtungen)

 

Pressemitteilung zur Preisverleihung am 20.05.2021 (PDF, nicht barrierefrei)

 

Wilhelm Loehe Schule - Präventionspreis 2019

2019 Wilhelm-Löhe-Schule

Am 16.05.2019 wurde die Wilhelm-Löhe-Schule mit dem AMYNA-Präventionspreis 2019 ausgezeichnet. Sie hat umfassende Maßnahmen zur Prävention sexueller Gewalt im Sinne eines Schutzkonzeptes entwickelt und zeigt damit ein hohes Verantwortungsgefühl. Die Wilhelm-Löhe-Schule ist eine evangelische, kooperative Gesamtschule in Nürnberg, die sowohl eine Grund-, Mittel- und Realschule, als auch ein Gymnasium und eine Fachoberschule anbietet.

Christine Rudolf-Jilg dazu in ihrer Laudatio: „Insgesamt gesehen hat die WLS damit beeindruckend viele Bausteine für ein schulisches Schutzkonzept entwickelt und implementiert. (…) Die Wilhelm-Löhe-Schule hat sich erfreulich gut aufgestellt und ist für das, was die Zukunft bringen wird, gut gerüstet.“

Wilhelm Loehe Schule - Präventionspreis 2019

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

V.l.n.r.: Christine Rudolf-Jilg (AMYNA e.V.) und die Preisträger*innen

Ein Foto in Druckqualität senden wir Ihnen bei Bedarf gerne zu.

Pressemitteilung zur Preisverleihung am 16.05.2019 (PDF, nicht barrierefrei, 166 KB)

 

Ein Sonderpreis ging an die Förderschule Dahlener Straße aus Mönchengladbach, deren Laudatio  Nina Tellmann von der Fachstelle Zornröschen (ebenfalls Mönchengladbach) hielt. Die Förderschule aus NRW trat außer Konkurrenz an, da der Preis eigentlich auf bayerische Einrichtungen beschränkt ist.

Präventionspreis Dahlener Straße

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Preisverleihung Präventionspreis 2018 an BIB e.V.

2018 BIB e.V. Verein zur Betreuung und Integration behinderter Kinder und Jugendlicher

2018 wurde BIB e.V., Verein zur Betreuung und Integration behinderter Kinder und Jugendlicher, mit dem AMYNA-Präventionspreis ausgezeichnet. Der diesjährige Präventionspreis stand unter dem Motto „Inklusive Verfahren zur Partizipation und Beschwerde als wichtige Instrumente zur Prävention von sexuellem Missbrauch an Mädchen* und Jungen* mit und ohne Behinderung“.

Wir freuen uns, dass der Preis in diesem Jahr an einen Verein verliehen wurde, der in diesem Bereich viel Kreativität, Innovation und Herzblut bewiesen hat!

Preisverleihung Präventionspreis 2018 an BIB e.V.

V.l.n.r.: Die Preisträger*innen und Anja Bawidamann (AMYNA e.V.)

Ein Foto in Druckqualität senden wir Ihnen bei Bedarf gerne zu.

Fachvortrag zur Preisverleihung am 17.05.2018 (PDF, nicht barrierefrei, 523 KB)

AMYNA-Präventionspreis - Preisträgerinnen 2017

2017 Inobhutnahmestelle Rosamunde

2017 wurde die Inobhutnahmestelle „Rosamunde“ für Flüchtlingsmädchen des Internationalen Bundes (IB) dafür ausgezeichnet, dass die Mitarbeiterinnen innerhalb kurzer Zeit – in weniger als 2 Jahren – sowohl ein Schutzkonzept als auch ein kultursensibles sexualpädagogisches Konzept eingeführt haben. Als junge Einrichtung der Flüchtlingshilfe so engagiert Maßnahmen zur Förderung und zum Schutz der Mädchen* ein- und durchzuführen ist etwas Besonderes und besonders hervorzuheben.

AMYNA-Präventionspreis - Preisträgerinnen 2017

Vorne v.l.n.r.: Angela Hildebrand, Verena Wolf, Michaela Bröring (Rosamunde, Internationaler Bund), hinten v.l.n.r.: Rebecca Fertl (Ombudsfrau der “Rosamunde”), Anja Bawidamann (AMYNA e.V.)

Foto in Druckqualität (JPEG, 4,8 MB)

Fachvortrag zur Preisverleihung am 18.05.2017 (PDF, nicht barrierefrei, 271 KB)

 

2016 Evangelische Schulstiftung Bayern

2016 erhält die Evangelische Schulstiftung Bayern als Träger von 156 Schulen den AMYNA-Präventionspreis. Erstmalig wurde damit ein Träger für seinen Krisenleitfaden mit dem AMYNA-Präventionspreis ausgezeichnet.

Pressemitteilung Präventionspreis 2016 (PDF, nicht barrierefrei)

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Bildtitel: Preisüberreichung an die Evangelische Schulstiftung Bayern
Foto in Druckqualität Preisverleihung (JPEG, 7 MB)

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Bildtitel: Rede von Johannes-Wilhelm Rörig, Unabhängiger Beauftragter für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, anlässlich der Preisverleihung
Foto in Druckqualität (JPEG, 4,6 MB)

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Bildtitel: Podiumsdiskussion anlässlich der Preisverleihung
Foto in Druckqualität (JPEG, 5 MB)

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Bildtitel: Alle Preisträger*innen des AMYNA-Präventionspreises
Foto in Druckqualität (JPEG, 7 MB)

 

2015 Stadt Freising, Amt für Kindertagesstätten, Schulen und Sport

2015 wurde die Stadt Freising, Amt für Kindertagesstätten, Schulen und Sport als erste Kommune in Bayern für ein umfassendes Schutzkonzept mit dem AMYNA Präventionspreis ausgezeichnet.

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(Bildtitel: Paul Ploss (Betz-Chrom), Elisabeth Pentenrieder-Giermann (Stadt Freising), Eva Bönig (Stadt Freising, 2. Bürgermeisterin) und Christine Rudolf-Jilg (AMYNA e.V., Laudatio)

Laudatio für die Stadt Freising, Amt für Kindertagesstätten, Schulen, Sport (PDF, nicht barrierefrei)  |  Foto Präventionspreis 2015 in Druckqualität

 

2014 integrative Montessori Schule Balanstraße

2014 wurde erstmals eine Schule, nämlich die integrative Montessori Schule an der Balanstraße mit dem  AMYNA-Präventionspreis ausgezeichnet.

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Der Monte Balan Bildungsträger gGmbh wurde für sein umfassendes und durchdachtes Präventionskonzpet ausgezeichnet, das neben der Schule, auch den Hort und die Werkstatt der Generationen umfasst. Das Schutzkonzept beinhaltet neben einem Krisenleitfaden für das Vorgehen bei Verdacht auf sexuellem Missbrauch u.a. die Möglichkeiten der Partizipation und Beschwerde für Kinder und Jugendliche.

Laudatio als PDF (nicht barrierefrei)

2013 Zukunft Kinderkrippe GmbH

2013 wurde der Träger „Zukunft Kinderkrippe GmbH“ für seinen fortwährenden Einsatz für die Prävention von sexuellem Missbrauch mit dem AMYNA-Präventionspreis ausgezeichnet. Für die „Zukunft Kinderkrippe GmbH“ war der Schutz der Kinder vor sexueller Gewalt seit dem Gründungskonzept an handlungsleitend und wurde konsequent in weitergeführt. Das Engagement und diese Ausdauer, aktiv für den Schutz von Mädchen* und Jungen* einzutreten, ist im Kindertagesstättenbereich bei weitem noch keine Selbstverständlichkeit und mit Sicherheit als beispielhaft anzusehen.

Laudatio als PDF (nicht barrierefrei)

Preisverleihung AMYNA Präventionspreis – Laudatio

19.06.2013

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Text der Laudatio (gehalten von Sibylle Härtl und Adelheid Unterstaller, beide Mitarbeiter*innen bei AMYNA, Institut zur Prävention von sexuellem Missbrauch)

(es gilt der gesprochene Text)

Sehr geehrte Preisträger*innen,

sehr geehrte Damen und Herren,

liebe Kolleginnen und Kollegen

auch wir möchten Sie ganz herzlich zur Verleihung des Präventionspreises 2013 hier bei AMYNA begrüßen.

Meine Kollegin Frau Härtl und ich freuen uns ganz besonders, dass die Mitfrauenversammlung des Vereins mit einstimmigem Beschluss unserem Vorschlag gefolgt ist, den diesjährigen Präventionspreis der Zukunft Kinderkrippe GmbH zu verleihen.

Liebe Frau Branlard, liebe Frau Torrens-Horak, liebe Mitarbeiter*innen aus den Zuki-Kinderkrippen,

meine Kollegin Frau Härtl und ich hatten in den letzten Jahren viele Gelegenheiten, Ihre Einrichtungen und Ihre Arbeit kennen- und schätzen zu lernen. Da wir beide viele der Angebote zusammen für Sie vorbereitet und durchgeführt haben, bekommen Sie heute Ihre Laudatio auch von uns beiden im „Doppelpack“.

Die Zukunft Kinderkrippe GmbH (kurz Zukis) gibt es nun seit mittlerweile 8 Jahren, in dieser Zeit haben Sie 3 Kinderkrippen eröffnet: in Ismaning, Dornach und in München – Berg am Laim. Eine vierte steht in Garching kurz vor der Eröffnung.

Von Anfang an war es für Sie beide, als Geschäftsführer*innen, klar, dass der Schutz der Kinder vor sexueller Gewalt beim Aufbau Ihrer Einrichtungen ein wichtiger und handlungsleitender Baustein sein wird.

Prävention von sexuellem Missbrauch war und ist Ihnen ein Anliegen und für Sie war es selbstverständlich die Umsetzung in allen Bereichen  Ihrer Krippen mitzudenken. Und auch  für uns war es ein Glücksfall, Einrichtungen, die sich gerade im Aufbau befinden, von Anfang an zu begleiten zu können und dazu beizutragen den Kinderschutz zu verankern.

Bereits im Jahr nach der Gründung,  2006, haben Sie sich ausführlich dazu beraten lassen, wie sich Prävention von sexuellem Missbrauch in Ihren Einrichtungen, auf der strukturellen Ebene umsetzen  und in der fachlichen Arbeit gestalten lässt. In den Folgejahren haben Sie diese Möglichkeiten Schritt für Schritt konsequent und nachhaltig umgesetzt.

  • Durch bauliche Maßnahmen
  • In Ihrer Öffentlichkeitsarbeit
  • Im pädagogischen Konzept
  • In der Klarheit hinsichtlich des Umgangs mit den Kindern
  • In der Qualitätssicherung durch regelmäßige Schulungen für Leitungen und Fachkräfte
  • In der Elternarbeit
  • Und in der Gestaltung einer Arbeitsatmosphäre, in der – soweit wir das beobachten konnten und beurteilen können – ein achtsamer Umgang – im Sinne der Prävention – sowohl mit den Kindern als auch den Kolleginnen, nicht dem Zeitdruck zum Opfer fällt.

Dass Prävention in dieser Einrichtung kein Schubladendasein führt, sondern „lebt“, erfahren wir nicht zuletzt bei unseren jährlichen Elternabenden, die unserer Honorarmitarbeiterin Frau Deschler bei Ihnen durchführt.

Die Eltern bestätigen hier immer wieder, dass sie viele der vermittelten Präventionsgrundlagen auch bereits aus der pädagogischen Arbeit der Einrichtung kennen und dass Prävention ein wichtiges Thema der Einrichtung auch im Elternkontakt ist. Auch von Seiten der Mitarbeiter*innen werden das große Interesse und die Bereitschaft zur Auseinandersetzung im Rahmen unserer Veranstaltungen deutlich.

Dieses Engagement und diese Ausdauer, aktiv für den Schutz von Mädchen* und Jungen* einzutreten, ist im Kindertagesstättenbereich bei weitem noch keine Selbstverständlichkeit. Es ist Ihr Verdienst, liebe Frau Torrens-Horak, liebe Frau Branlard, dass Prävention und Kinderschutz in Ihren Einrichtungen starke Themen geworden sind und es ist Ihr Verdienst, liebe Leiterinnen und Mitarbeiter*innen der Zuki-Krippen, dass dieses Thema in Ihren Einrichtungen lebendig bleibt.

 

Nicht alle, die heute als Gäste hier sitzen, kommen aus dem Krippenbereich und vielleicht fragen Sie sich, wie Prävention im Krippenbereich mit den ganz Kleinen überhaupt funktionieren kann. Wir möchten Ihnen deshalb gerne ein paar Einblicke geben, was Prävention in der Kinderkrippe bedeuten kann und einige Beispiele nennen, wie das bei den Zukis umgesetzt wird. Kein Kind kann sich alleine vor sexuellem Missbrauch schützen – Sie haben gerade die Ausführungen von Frau Geist dazu gehört. Dass dies ganz besonders für Krippenkinder gilt, liegt auf der Hand. Mädchen* und Jungen* brauchen Erwachsene, die in der Lage sind, schützende Strukturen, sichere Orte für sie zu gestalten.
Sichere Orte, das sind solche Orte, an denen Erwachsene wissen und auch wahrhaben wollen,

  • dass es überall Täter*innen geben kann, wo sich Kinder aufhalten, im privaten Umfeld der Kinder, aber auch im institutionellen Rahmen wie in Kindertagesstätten
  • dass nicht nur Männer Täter, sondern auch Frauen Täterinnen sein können
  • dass Täter und Täterinnen oft sehr geplant vorgehen, sich z.T. dort Arbeitsplätze suchen, wo sich Kinder aufhalten
  • und vor allem, dass sie mit ihren Strategien nicht nur in der Lage sind, die Kinder in die Missbrauchsdynamik zu verwickeln, sondern vielfach auch das soziale Umfeld der Kinder – Eltern wie auch pädagogische Fachkräfte – erfolgreich manipulieren.

Sichere Orte für Kinder sind solche, an denen dieses Wissen nicht zu Resignation und Handlungsunfähigkeit führt, sondern ganz im Gegenteil als Ausgangspunkt für ihr präventives Handeln genutzt wird.
Die Erfahrung im Bereich Missbrauch in Institutionen zeigt, dass Täter und Täterinnen Einrichtungen bevorzugen, die sich wenig mit der Thematik beschäftigt haben.
Zukunft Kinderkrippen hat sich entschieden, hier offensiv vorzugehen und Zeichen zu setzen.
Bereits in den Stellenanzeigen und in den Bewerbungsgesprächen wird deutlich gemacht, dass die Prävention von sexuellem Missbrauch ein wichtiges Anliegen ist. Auch in der Einarbeitung neuer Mitarbeiter*innen wird der Stellenwert des Themas deutlich, ebenso in der Öffentlichkeitsarbeit.
Sichere Orte sind solche, an denen einerseits die Intimsphäre der Kinder geschützt ist, Situationen der besonderen Nähe mit den Kindern wie z.B. Wickelsituationen, jedoch so gestaltet werden, dass Übergriffe durch Erwachsene erschwert werden.

Zukunft Kinderkrippen hat hier sehr schöne Lösungen entwickelt:

  • Wickelbereiche, in denen die Kinder vor den Blicken anderer geschützt sind, nicht aber die wickelnden Erwachsenen,
  • Gruppenräume mit  kleinen runden Sichtfenstern auf Augenhöhe der Kinder,
  • Schlafräume mit kleinen Sichtfenstern in den Türen.
  • Insgesamt sind die Räumlichkeiten sehr offen, hell und freundlich gestaltet.

Sichere Orte für Kinder sind solche, an denen Fachkräfte Klarheit und eine gemeinsame Orientierung haben, wie mit den Kindern umgegangen wird: orientiert an deren Bedürfnissen, mit Respekt vor der Individualität der Kinder und ihren Grenzen.

Die Fachkräfte brauchen diese fachliche Sicherheit, die es ihnen auch ermöglicht, das Handeln der Kollegen und Kolleginnen einzuschätzen und zu bewerten und kritische Rückmeldung zu geben, wenn dieses Handeln die nötige Achtsamkeit  im Umgang mit Nähe und Distanz vermissen lässt – nicht in einer Atmosphäre des Misstrauens und der Abwertung, sondern in einer Teamkultur, die Wertschätzung und positives Feedback ebenso wichtig erachtet, wie kritische Rückmeldung. So kann es gelingen, eine gemeinsame Haltung zu entwickeln, die Grundlage für das Netz der Sicherheit für die Kinder ist.

Die Zukis arbeiten im gemeinsamen Interesse für die stetige Verbesserung der Qualität der Arbeit und des Wohlergehens der Kinder. Es wird viel Wert darauf gelegt, dass die Mitarbeitenden sich im Rahmen von externeren Fortbildungen und internen Schulungen weiter qualifizieren.

Sichere Orte sind nicht zuletzt solche, an denen sich die Mädchen* und Jungen* selbst sicher fühlen. Was sie dafür – im Alter zwischen 0 und 3 Jahren  – brauchen,  ist eine sichere Bindung an eine feste Bezugsperson in der Krippe. Sie ist die Person, von der sich Kinder trösten lassen, wenn sie Kummer haben. Sie ist der feste Ankerplatz und die „emotionale Tankstelle“, die die Kleinen brauchen, um die Krippenwelt angstfrei zu erkunden, um aus ihrer Umwelt lernen zu können, neugierig  zu explorieren  und Erfahrungen zu sammeln.
Die Grundlage dafür wird schon in der Eingewöhnungszeit gelegt, in der die Kleinen – in Anwesenheit eines Elternteils –  langsam die neue Umgebung kennenlernen können und eine stabile Bindungsbeziehung zu „ihrer“ Erzieher*in aufbauen können.  Diese Eingewöhnungszeit erfordert eine hohe Flexibilität der jeweiligen Fachkraft und der Einrichtung, denn sie muss – auch in der Dauer – auf die individuellen Bedürfnisse des jeweiligen Kindes abgestimmt sein.  Und auch nach der Eingewöhnungszeit brauchen die Kinder diese stabile Beziehung zu einer Fachkraft, um sich in der Krippe wohl und sicher zu fühlen.

Fachkräftemangel, häufiger Personalwechsel, hoher Krankenstand und in der Konsequenz der gehäufte Einsatz von Roulierkräften, wie sie uns derzeit aus vielen Kindertagessstätten berichtet werden, kann sich in dieser sensiblen Phase auf die Mädchen* und Jungen* fatal auswirken. (Untersuchungen zeigen z.B., dass Krippenkinder nach einer nicht gelungenen Eingewöhnung über Monate hinweg häufiger krank sind und sich in vielen Bereichen langsamer entwickeln, als andere Kinder).

Eine gute Eingewöhnung muss frühzeitig mit den Eltern geplant werden. Eltern brauchen zeitliche Flexibilität, sie müssen verstehen, warum eine gute Eingewöhnung wichtig ist, sie brauchen Vertrauen in die Krippe, um ihre Babys und Kleinkinder mit gutem Gefühl und ohne schlechtes Gewissen dort zurücklassen zu können.

Damit dies alles gelingen kann braucht es zum einen Krippen, die eine gute Eingewöhnung als zentralen Bestandteil ihrer fachlichen Qualität betrachten. Es braucht aber auch eine gutes Personalmanagement: Fachkräfte mit einer hohen Fachlichkeit und menschlichen Reife, die für sich gute Rahmenbedingungen vorfinden, die gerne und lange in der Krippe arbeiten.

Aus unserer Sicht ist all dies bei Zukunft Kinderkrippen gegeben.  Die Eingewöhnungszeit nimmt eine zentrale Stelle ein, Elternarbeit wird von Anfang an sehr großgeschrieben. Es wird bei der Neuanstellung großer Wert auf die Qualifikation des Fachpersonals gelegt und es ist immer das Bemühen erkennbar, gute Arbeitsbedingungen zu schaffen.

 

Sichere Orte zu gestalten bedeutet auch, sich zu überlegen, wie Erzieher*innen und Geschäftsführung von möglichen Fehlentwicklungen erfahren.  Das ist das, was in der Fachwelt mit Beschwerdemanagement umschrieben wird. Wie kann so etwas in der Krippe, in der Kinder gerade erst dabei sind Sprache zu erlernen überhaupt aussehen?

Zum einen ist eine große fachliche Kompetenz und Sicherheit des Personals im Umgang mit den Kindern notwendig. Diese zeigt sich auch in einem feinfühligen Umgang mit den Kindern, die meist noch nicht mit Sprache sondern mit nonverbalen Signalen kommunizieren.

Das Personal braucht Bereitschaft und es braucht Zeit und Feinfühligkeit diese nonverbalen Äußerungen wahrzunehmen und verstehen zu lernen. Und dies mit jedem Kind von neuem, denn jedes Kind ist anders und kommuniziert anders und bringt unterschiedliche Erfahrungen mit in die Krippe.

Zum anderen sind die Eltern wichtige Ansprechpartner*innen, die mit ihren Beobachtungen dazu beitragen können den Schutz der Kinder zu verbessern. Gerade auch bei den Kleinsten ist eine gute Erziehungspartnerschaft mit den Eltern, sich gemeinsam mit ihnen zum Wohl der Kinder auszutauschen um Fehlentwicklungen schnell zu erkennen und das Netz des Schutzes möglichst engmaschig zu knüpfen von besonderer Bedeutung.

Die Zukis verdeutlichen dies bereits bei den ersten Kennenlernkontakten mit den Eltern,  in dem sie deutlich machen, dass der Schutz von Mädchen* und Jungen* in den Krippen ein wichtiges Anliegen ist und welche Maßnahmen sie hierfür eingeführt haben.

Die Eltern werden eingeladen Fragen zu stellen und gemeinsam den Schutz mit zu gestalten.  Es wird deutlich gemacht, dass die Zukis Ansprechpartner*innen für die Eltern sind, wenn Sie Fragen, Anregungen oder Sorgen in Bezug auf ihre Kinder und der Umsetzung des Schutzes haben.

Auch dies ist ein wichtiger Baustein im Beschwerdemanagement.

Wir denken, es ist deutlich geworden, dass die Umsetzung des Schutzes von Mädchen* und Jungen* eine hohe pädagogische Kompetenz der Mitarbeiter*innen voraus setzt.

Wir freuen uns immer wieder, wenn wir sehen was für eine hohe Bereitschaft bei den Zukis vorhanden ist, diese Fachlichkeit aufzubauen und eine qualitativ hochwertige Betreuung sicher zu stellen. Und das von allen Beteiligten.

Von der Geschäftsführung,

die ein Geschäftsmodell gewählt hat, bei dem die Partnerschaft mit verschiedenen Unternehmen dieses Ziel der hochwertigen Betreuung durch eine bessere Finanzausstattung ermöglicht.

Das drückt sich aus z.B

  • in einem guten Personalschlüssel  in den Kindergruppen ( i.d.R. 3 Fach- und Ergänzungskräfte in einer Gruppe mit maximal 15 Kindern)
  • aber auch in der regelmäßigen  Weiterqualifizierung der Fachkräfte durch Fortbildungen
  • durch die Begleitung durch eine psychologische Fachberatung
  • sowie durch Supervisionsmöglichkeiten

Die Geschäftsführung stellt die  finanziellen Mittel zur Verfügung und sorgt dafür, dass das Personal ausreichend Zeit für die Weiterentwicklung der Fachlichkeit zur Verfügung hat.

 

Auch die Mitarbeiter*innen tragen einen wesentlichen Teil zur Weiterentwicklung der Fachlichkeit bei:

  • sie nutzen die sehr guten Rahmenbedingungen um sich mit  sehr viel Interesse  und Engagement weiter zu qualifizieren.
  • sie gehen mit viel Neugierde und Offenheit auf die Kinder zu um  jedes Kind (und seine Eltern) mit seinem je spezifischen Eigenheiten kennenlernen und schätzen zu lernen. Damit sie die Kinder bestmöglich verstehen und in ihrer Entwicklung fördern können.

Gemeinsam schaffen die Zukis einen sehr hohen qualitativen Standard, der nicht in allen Krippen auch gerade in Zeiten des Fachkräftemangels selbstverständlich ist.

 

Wie Sie sicher wissen, gibt es ab dem 01.08.2013 einen Anspruch auf einen Krippenplatz für Kinder ab dem 1. Geburtstag. Ein politisch hochbrisantes Thema.  Natürliches ist es sinnvoll, dass Eltern sich darauf verlassen können, dass es einen Betreuungsplatz für ihr Kind gibt und sie auch weiterhin ihrem Beruf nachgehen können.

Aus unserer Sicht, wird dieser Anspruch momentan aber leider noch nicht in der gebotenen Qualität umgesetzt.

  • In Orten wie München führt dies schon seit geraumer Zeit zu einem eklatanten Fachkräftemangel.
  • Einrichtungen sind im Wettstreit um Fachpersonal und werben sich gegenseitig ErzieherInnen ab.
  • Gruppen bleiben geschlossen, da ErzieherInnen fehlen
  • Nicht selten leidet in dieser Situation auch die Qualität, da auch Betreuungspersonal angestellt wird, das minder qualifiziert ist und die Träger*innen nicht ausreichend sicherstellen, dass das gewonnene Personal dann auch weiter geschult wird.

In dieser Situation gut qualifizierte Kräfte zu finden ist auch für die Zukis ein schwieriges Unterfangen.

Umso mehr freut es uns, dass die Gründerinnen, die als Träger der ZukiKinderkrippen als Gesellschaftsform eine Kapitalgesellschaft gewählt haben

  • nicht auf ein möglichst billiges Angebot oder Gewinnmaximierung setzen,
    sondern Geldquellen mobilisieren  um auf Qualität in der Betreuung und die kontinuierlichen Verbesserung des Schutzes vor sexuellem Missbrauch in den Zuki-Kinderkrippen zu setzen.
  • Nicht wie andere Träger, nur weil die Zeit gerade günstig ist, zu Lasten der Qualität expandieren, sondern lieber stabile Teams aufbauen, die die Qualität der Betreuung sicher stellen um den Kindern die angemessene Begleitung an die Seite zu stellen.

Die Zukunft Kinderkrippen GmbH ist für uns ein Beleg dafür, dass es möglich ist mit dem Konzept der betriebsunterstützten Kinderkrippe und viel privatem Engagement qualitativ hochwertige Kinderbetreuung zu realisieren in der der Schutz vor sexuellem Missbrauch einen wichtigen Stellenwert einnimmt.

Liebe Frau Torrens-Horrak, liebe Frau Branlard, liebe Zuki-Mitarbeiter*innen,
wir wünschen Ihnen und auch den Kindern und Eltern in Ihren Einrichtungen, dass Sie weiterhin

  • Partner*innen in der Wirtschaft finden, die ihre qualitativ hochwertigen Angebote zu schätzen wissen und bei Bedarf auch weiter gemeinsam mit Ihnen Krippen gründen.
  • Sie weiterhin Kolleg*innen finden, die mit Ihnen gemeinsam daran arbeiten, den Schutz von Mädchen* und Jungen* zu verbessern und zu sichern
  • dass andere Träger von Krippen sich an Ihren Standards ein Beispiel nehmen
  • Sie viel Spaß gemeinsam mit den Eltern und den Kindern haben werden, Prävention um zu setzen und zu leben.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Wir freuen uns nun Ihnen Frau Branlard und Frau Torrens-Horak – stellvertretend für die Zukunft Kinderkrippen GmbH – den Präventionspreis 2013 überreichen zu dürfen. Herzlichen Glückwunsch!

 

2012 Verein Arbeit für Jugend e.V.

2012 wurde der Verein Arbeit für Jugend e.V. für sein Engagement bei der Entwicklung eines Präventionspaketes zum Schutz von Mädchen* und Jungen* vor sexuellem Missbrauch mit dem AMYNA-Präventionspreis ausgezeichnet. Insgesamt hat der Verein mit ausgesprochener Ernsthaftigkeit und Professionalität einen Veränderungsprozess eingeleitet und ein sehr umfassendes Paket der Prävention und Intervention vorgelegt, dass in seiner Konsequenz und Ernsthaftigkeit bei der Einführung innerhalb eines Patenschaftsprojekts mit Sicherheit als beispielhaft angesehen werden kann.

Laudatio als PDF (nicht barrierefrei)

Preisverleihung AMYNA Präventionspreis – Laudatio

22.03.2012

praeventionspreis_2012

Laudatio von Christine Rudolf-Jilg
(es gilt der gesprochene Text)

Sehr geehrte Preisträger*innen, sehr geehrte Damen und Herren,

auch ich möchte Sie ganz herzlich bei AMYNA, dem Verein zur Abschaffung von sexuellem Missbrauch und sexueller Gewalt willkommen heißen.

Kein Kind kann sich alleine vor sexuellem Missbrauch schützen, das hat meine Kollegin Frau Karlstetter bereits eingangs erwähnt. Umso wichtiger ist es, dass Erwachsene, die für Kinder und Jugendliche Verantwortung tragen, Schutzaufgaben übernehmen.

Ich freue mich ausgesprochen, dass ich heute die Ehre habe, für einen Verein die Laudatio halten zu dürfen, dessen Arbeitsfeld mir persönlich ganz besonders am Herzen liegt. Es ist die Prävention von sexuellem Missbrauch im Rahmen von Patenschaftsprojekten. Bevor ich zur Würdigung der Preisträger komme, erlauben Sie mir daher – wie gewohnt – einen fachlichen Überbau zu diesem Themenbereich zu geben.

Paten spielen eine wichtige Rolle im Leben von Kindern und Jugendlichen. Das war bereits früher so, gilt aber gerade auch heute wieder. Fast alle Kulturen kennen Patenschaften von (nicht verwandten) Erwachsenen, die das Kind beim Heranwachsen begleiten, Anteil nehmen und es unterstützen. In den vergangenen Jahren sind Patenschaftsprojekte fast wie Pilze aus dem Boden geschossen. Susanne Huth von der InBas Sozialforschung[1] sprach anlässlich eines Kongresses in Berlin von einem „Gründungsboom“ bei Patenschaftsprojekten. Die Bandbreite reicht von Familienpatenschaften, über Patenschaften für Kinder unterschiedlichen Alters, Job- bzw. Ausbildungspatenschaften, umfasst aber auch Karrierepatenschaften für Nachwuchskräfte und Besuchsdienste für alte bzw. gebrechliche Menschen.

Thema heute werden die Patenschaften sein, deren Zielgruppe vornehmlich Kinder und Jugendliche in sogenannten 1:1 Kontakten sind, also eine Patin oder ein Pate im Kontakt mit einem Kind oder Jugendlichen. Gefährdungen in anderen Patenschaftsbereichen sollen nicht geleugnet werden, bedürfen aber zu einem anderen Zeitpunkt genauerer Betrachtung.

Patenschaftsprojekte für Kinder und Jugendliche sind „in“, versprechen sie doch (finanzierbare) Lösungen für den Funktionsverlust von Familien im Bereich der Erziehung, Bildung und Versorgung, für die zunehmenden Anforderungen in der Schule und beim Berufseinstieg, für in unserer Gesellschaft deutlich belastete Eltern und deren Kinder, wie Arbeitslose, (psychisch) Kranke, Menschen mit Migrationshintergrund usw. „Sie zielen so gesehen darauf ab, die Verluste und Defizite durch die Bildung neuer außerfamiliärer Beziehungen auszugleichen“, beschreibt ein Flyer des Paritätischen in Hessen die Chancen von Patenschaftsprojekten.

So überrascht es nicht, dass sich in der Datenbank „Patenschaften-Aktiv“ derzeit 1244 (2009: 594) Einträge für Organisationen, die Patenschaften vermitteln und begleiten, finden.[2] Die Aufgaben der Vermittlungsstellen sind vielfältig. Neben der Gewinnung geeigneter Patenkinder und PatInnen geht es auch um das sogenannte Matching, d.h. die passgenaue Zusammenstellung eines „PatIn-Kind-Paares“. Die Schulung von PatInnen sowie die Betreuung der Eltern ist ebenso Aufgabe der Vermittlungsstelle wie die Beratung und Unterstützung von Patenkind und Pate bzw. Patin in Krisenzeiten und bei auftauchenden Problemen.

Zielgruppen der Patenschaften sind vor allem Kinder und Jugendliche, die als sozial benachteiligt in unserer Gesellschaft gesehen werden. Daher gibt es Bildungspatenschaften für Kinder und Jugendliche, die schulische Schwierigkeiten haben, Patenschaften für (junge) Mütter* und ihre Neugeborenen, Patenschaften für Kinder psychisch kranker Eltern, Patenschaften für (minderjährige) Flüchtlinge und sozial benachteiligte Kinder aus Familien, in denen die Eltern arbeitslos oder aus anderen Gründen sehr arm sind, Patenschaften für Kinder aus Migrantenfamilien[3], Patenschaften für Jugendliche ohne Schulabschluss usw. Auch alleinerziehende Frauen* bewerben sich häufig um eine Patenschaft für ihr Kind, häufig schon deswegen, damit das Kind eine konstante männliche Kontaktperson bekommt.

Die PatInnen sind für die Kinder manchmal sogar eine Art Familienersatz, möglichst immer aber Vertrauensperson und Begleitung durch eine häufig schwierige und manchmal sogar feindlich erlebte Umwelt. Die Kontakte reichen von wenigen Wochenstunden hin zum „Rund um die Uhr-Einsatz“ bei Krisen im Elternhaus, etwa wenn für eine alleinerziehende Mutter*, die psychisch krank ist, ein Krankenhausaufenthalt erforderlich wird.

Kinder profitieren von diesen Patenschaften deutlich, wie Forschungsberichte zeigen (z.B. Projekt „Balu und Du“[4]). Eine der Forscher*innen bewertet die Ergebnisse als „ermutigend“, da sie in einigen Dimensionen sogar die Effektstärken professioneller Therapieprogramme übertreffen. Es handelt sich um positive Entwicklungen, die dazu einladen, Patenschaftsprojekte auszuweiten und vielen benachteiligten Kindern zugänglich zu machen.

Paten und Patinnen finden sich zunehmend. Immer mehr (auch junge) Menschen möchten einen (ehrenamtlichen) Beitrag dazu leisten, unsere Gesellschaft ein Stückchen gerechter zu machen. Ältere Menschen wollen häufig zurückgeben, was sie selbst positiv erleben durften – eine unbeschwerte Kindheit und Jugend und aufmerksame und unterstützende Erwachsene, die sie begleiteten auf dem Weg ins Erwachsenenalter. Manche Menschen im mittleren Lebensabschnitt wollen ihrem Leben neben Karrierestreben und Freizeit auch einen „Sinn“ geben und suchen nach einer Aufgabe, die sie selbst bereichert und für die sie keinen Lohn (im Sinne von Geld) verlangen.

Die allermeisten Patinnen und Paten handeln aus lauteren Motiven, aus dem Wunsch heraus sich sozial zu engagieren und die Gesellschaft positiv zu verändern. Es gibt jedoch auch Menschen, die den Rahmen von Patenschaftprojekten für sexuelle Übergriffe und sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen nutzen. Berichte aus Patenschaftsprojekten, Erkenntnisse aus der Täter*innenforschung sowie aus der Praxis der Präventions- und Interventionsarbeit liefern hierzu Informationen.

Sexueller Missbrauch findet nur selten durch sogenannte Fremdtäter*innen statt, meist sind die Täter*innen den Kindern und Jugendlichen bekannt. Aus der Täterforschung wissen wir, dass Täter*innen Kinder und Jugendliche in der Regel gezielt auswählen und dann während des sogenannten „Anbahnungs- bzw. Groomingprozesses“ den Kontakt aufbauen und die Übergriffe vorbereiten. Dabei schätzen sie ein Umfeld, das die Kinder nicht ausreichend schützen kann, sei es aus Unwissenheit, sei es aus mangelndem Selbstbewusstsein, sei es aufgrund fehlender eigener Schutzkompetenzen[5].

Kinder, die bedürftig sind, die also aufgrund mangelnder emotionaler Zuwendung in der Familie, mangelnder materieller Ressourcen im Elternhaus, mangelnder Ausbildung von Selbstwertgefühl und Selbstbewusstsein usw. froh darüber sind, wenn sich ihnen jemand ausschließlich und aufmerksam, anfangs meistens auch liebevoll zuwendet – diese Kinder können sich noch weniger als andere Kinder, vor planvoll vorgehenden TäterInnen die sie gezielt manipulieren, selbst schützen.

TäterInnen wissen um die Strafbarkeit des eigenen Tuns und tun alles um eine Aufdeckung von sexuellem Missbrauch zu verhindern. Nach dem Aufbau eines tragfähigen emotionalen Kontaktes, bei dem sie Vertrauen herstellen und nebenbei Wünsche, Bedürfnisse und Hoffnungen des Kindes ausforschen, beginnen sie mit kleinen Grenzverletzungen vorsichtig auszuloten, wie stark der Widerstand des Kindes ist. Ein „versehentliches“ Streifen der Brüste bei jungen Mädchen*, der Klaps auf den Po bei einem Jungen*, das „versehentliche“ Öffnen der Toilettentür, all dies kann bagatellisiert werden und rechtfertigt alleine noch keine Anzeige. Kleine Aufmerksamkeiten, die an den (vorher ausgeforschten) Interessen, Hobbies und Wünschen der Kinder andocken, festigen die Beziehung weiter.

Hier kann es bereits zu ersten sexuellen Übergriffen kommen, was ein Bericht einer Fortbildungsteilnehmerin illustrieren soll: Ein Junge*, der Schokolade liebt, diese jedoch zuhause nicht häufig essen darf, erhält von einem Bekannten einen „Schokoladenpenis“ geschenkt, den der Täter selbst „versehentlich“ so gekauft hat. Der Junge* schwankte zwischen der Lust auf (heimliche) Schokolade und der Irritation, dass diese in Penisform und „eklig“ ist. Andere Varianten desselben bösen Spieles sind z.B. die Erlaubnis heimlich mit dem Täter Alkohol zu trinken, ein (verbotenes) Computerspiel zu spielen o.ä.. Parallel beklagen sich Täter u.U. in dieser Phase des Groomings gegenüber den anderen (sorgeberechtigten) Erwachsenen, dass das Kind durch seine Distanzlosigkeit auffalle („klebt an mir wie eine Klette“) oder es mit der Wahrheit nicht so genau nehme („lügt wie gedruckt“) und sichert sich so gegen eine eventuelle Aufdeckung des Missbrauchs durch das Kind ab.

Eine zunehmende Steigerung der Übergriffe hält der Täter meist in der Waagschale mit positiver Zuwendung bzw. später auch Drohungen gegenüber dem Kind. Drohungen werden mit Wissen über familiäre Zusammenhänge oder Verbotenem, das das Kind selbst getan hat, verbunden („wenn das rauskommt, musst du ins Heim“, „Dann kommt auch raus, dass du Alkohol getrunken hast“ usw.). Kinder, aber auch Jugendliche durchschauen das perfide Vorgehen von TäterInnen meist erst, wenn es zu massiveren sexuellen Übergriffen kommt und haben leider dann häufig ein Gefühl der Mitschuld, das vom Täter systematisch genährt wird.

Ohne die Hilfe und Unterstützung von Erwachsenen, sind alle Kinder solchen manipulativen Strategien in der Regel schutzlos ausgeliefert, da es für sie kaum möglich ist, diese zu durchschauen. Wie ich eingangs erläutert habe, haben vermutlich gerade Kinder und Jugendlichen, für die Patenschaftsprojekte angeboten werden, ein erhöhtes Risiko sexuelle Gewalt zu erleben. . Zusätzlich ist hier häufig auch die Schutzfähigkeit der Eltern aufgrund eigener Belastungen stark eingeschränkt. Alle oben beschriebenen Täterstrategien greifen, so darf man vermuten, bei der Zielgruppe, die für Patenschaftsprojekte ausgewählt wird, sogar besonders gut, gehören viele Bestandteile der Täterstrategien doch sogar zu den wünschenswerten Anforderungen an PatInnen. Sie sollen tragfähige Vertrauensbeziehungen zu „ihrem“ Patenkind aufbauen. Sie sollen sich für die Wünsche, Hoffnungen, Interessen des Patenkindes interessieren. Sie sollen die Schwächen der Familie kennen und genau dort unterstützen. Häufig wird vorausgesetzt, dass sie für Kinder oder Jugendliche Patenschaften übernehmen, die aufgrund frühkindlicher Defiziterfahrungen eine Nähe-Distanz-Problematik mitbringen oder andere Verhaltensauffälligkeiten aufweisen. Viele Kinder haben weder in ihrer Sozialisation in Elternhaus und Schule gelernt, dass sie Respekt und Achtung verdienen, noch dass ihnen geholfen wird, wenn sie sich über Erwachsene beschweren.

Sind Patenschaftsprojekte also ein „El Dorado“ für Pädokriminelle? Auf den ersten Blick scheint es so zu sein. Weder lassen die bislang bundesweit vorliegenden Qualitätsstandards für Patenschaftsprojekte eine ausgeprägte Sensibilität für das skizzierte Problem erkennen, noch sind in der Breite der Patenschaftsprojekte spezifische Maßnahmen ersichtlich, die geeignet sind, den Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexuellem Missbrauch sicherzustellen.

Patenschaftsprojekte sind sicherlich in der Regel positiv zu bewerten und sinnvoll, wenn verantwortungsvolle Erwachsene die Kinder und Jugendlichen begleiten, sie unterstützen und dafür sorgen, dass ein Grenzen achtender und respektvoller Umgang mit den Kindern gepflegt wird. Daher kann es an dieser Stelle nicht darum gehen, Patenschaftsprojekte grundsätzlich in Frage zu stellen, allerdings muss schnellstmöglich flankierend für alle diese Projekte sichergestellt werden, dass die Kinder und Jugendlichen in Patenschaften bestmöglichst vor sexuellen Übergriffen geschützt sind.

Patenschaftsprojekte bieten kostengünstige UND häufig funktionierende Lösungen für gesellschaftliche Integrationsprobleme. Es kann also nicht darum gehen, sie zu verdammen und abzuschaffen. Wie so häufig, geht es um ein sowohl als auch. All die Anbieter*innen von Patenschaftsprojekten müssen, wollen sie das Wohl der Kinder und Jugendlichen wirklich sichern, Maßnahmen entwickeln bzw. aus anderen Bereichen adaptieren, die sicherstellen, dass der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexuellem Missbrauch in Patenschaftsprojekten adäquat berücksichtigt wird.

Für diese notwendigen Maßnahmen der Prävention von sexuellem Missbrauch sind (personelle und finanzielle) Ressourcen erforderlich, über die Patenschaftsprojekte aktuell meist nicht verfügen. Dies bedeutet in der Konsequenz, dass Politik und Gesellschaft, wollen sie den Ausbau von Patenschaftsprojekten weiter fördern, nicht umhin kommen, die bestehenden Projekte ausreichend auszustatten, aber auch eine Förderung auch mit entsprechenden Auflagen zur Verbesserung des Schutzes zu verbinden. Diese „günstigen“ Patenschaften werden dann zwar teurer, aus ethischer Sicht scheint es jedoch unvertretbar, die Gefahr von sexuellem Missbrauch, die aus Sicht von Fachkräften in diesen Projekten so offensichtlich gegeben ist, auf Kosten betroffener Kinder und Jugendlicher dauerhaft zu ignorieren.

Auch wir selbst wollen einen Beitrag leisten. Zum Jahresende wird ein Praxishandbuch „Prävention von sexuellem Missbrauch in Patenschaftsprojekten“ von uns herausgegeben werden, das Vermittlungsstellen mit ausgewählten Materialien dabei unterstützen soll, den Schutz zu verbessern und auszubauen.

Ich komme nun zur speziellen Würdigung der diesjährigen Preisträger*in und damit wird auch nachvollziehbar, was der Anlass für die bisherigen inhaltlichen Ausführungen ist.

Arbeit für Jugend e.V. ist ein Verein, der im Landkreis Wolfratshausen angesiedelt ist. Er bietet seit 1998 für Hauptschüler*innen mit einem Notendurchschnitt unter 3,5 sogenanntes Coaching an, sprich Unterstützung bei der Quali-Vorbereitung, bei der Bewerbung und beim Vorstellungsgespräch, bei der Ausbildungsplatzsuche, aber auch beim Einstieg in das Berufsleben. Die Coaches, so heißen dort die Paten und Patinnen, sind ehrenamtlich tätig und kümmern sich kostenlos ein- bis zweimal die Woche um die Schüler und Schülerinnen. Sie arbeiten vernetzt mit der betreffenden Schule sowie zahlreichen weiteren Akteuren im Landkreis.

Der Verein „Arbeit für Jugend e.V.“ hat bereits Ende 2010 spezifische Risiken, die in Patenschaftsprojekten bestehen, erkannt und der Vorstand beschloss damals, den Schutz vor sexuellem Missbrauch im Rahmen der eigenen Vereinsaufgaben sehr hoch zu bewerten. Gut ein Jahr hat der Verein (obwohl ausschließlich ehrenamtlich tätig) sich daraufhin nun in Vorträgen, Workshops und Vereinssitzungen mit der Verbesserung des Schutzes von Kindern und Jugendlichen im Rahmen der Coaching-Angebote auseinandergesetzt.

Mittlerweile gibt es einen selbst entwickelten und breit im Verein diskutierten Verhaltenskodex, den jede Person bei Beginn der Tätigkeit als Coach unterschreibt. Dass neue Coaches von den beiden Vorstandsvorsitzenden, Herrn Niegel und Frau Kallen, im Gegensatz zu vielen anderen Patenschaftsprojekten, äußerst sorgfältig geprüft und ausgewählt werden, ist ein weiterer Teil des Schutzpaketes. Ergänzend wurde für den Verdachtsfall ein Krisenleitfaden mit AMYNA diskutiert und eingeführt, bei dem klar geregelt ist, wie der Vorstand im Verdachtsfall kompetent und vernünftig reagieren kann.

Besonderes Anliegen der Vereinsmitglieder und Coaches war es, Schutzvereinbarungen zu entwickeln, die der besonderen Situation von 1:1 Patenschaften Rechnung tragen, aber auch in der Praxis funktionieren, d.h. praktikabel sind.

So erinnere ich mich an eine Debatte mit den Coaches, die sehr ernsthaft und um Konsens bemüht zum Thema „Geschenke“ der Coaches für die Jugendlichen geführt wurde. Einerseits war allen Beteiligten klar, dass über die Schiene von materiellen Geschenken u.U. eine Manipulation der Jugendlichen durch einen Täter oder eine Täterin möglich würde, andererseits war es einigen Coaches sehr wichtig, die meist materiell benachteiligten Jugendlichen auch ab und zu mal „belohnen“ oder „beschenken“ zu dürfen. Ein Englisch-Lexikon muss möglich sein, über das Fahrrad, das der Jugendliche dringend bräuchte und das man selbst ausmistet, wurde debattiert, eine Playstation, die von mir ins Spiel gebracht wurde, dagegen als mögliches Geschenk einhellig abgelehnt. Die Coaches haben sich entschieden die Möglichkeit des Herstellens von Abhängigkeiten möglichst gering zu halten und haben sich hierzu eine Regel gegeben.  Diese lautet: „Geschenke sind eine Ausnahmen und übersteigen nicht den Wert von 25 €. Ich informiere über größere Geschenke an Dich immer den Vorstand“. So hat der Verein einen Schritt unternommen Transparenz herzustellen und die Möglichkeiten Abhängigkeiten herzustellen eingedämmt. Weitere Schutzvereinbarungen z.B. zum Thema Jugendschutz oder Geheimnisse wurden gemeinsam erarbeitet, diskutiert und beschlossen.

Über diese Schutzvereinbarungen werden sowohl die Eltern als auch die Jugendlichen informiert und gebeten, bei einem Verstoß des Coaches den Vorstand zu informieren. So soll ein Netz der Sicherheit gewoben werden, dass den „Wolf im Schafspelz“ für alle erkennbar macht.

Ausgangspunkt aller bereits beschriebenen Maßnahmen waren Schulungseinheiten für den Verein zum Thema „sexueller Missbrauch“ und „Möglichkeiten der Prävention“.

Mit großer Eindeutigkeit und Klarheit stellten sich während des gesamten Entwicklungsprozesses sowohl der Vorstand, als auch die Vereinsmitglieder und Coaches auf Seiten des Kinderschutzes. Sie ließen sich dabei immer wieder auf den sicherlich beängstigenden Gedanken ein, was wäre, wenn einer von ihnen, ein Coach, die Betreuung eines Jugendlichen für sexuelle Übergriffe nutzen würde. Deutlich wurde immer wieder das Ringen des Vorstands, der Vereinsmitglieder und Coaches um den Zusammenhalt, um eine gemeinsam getragene Haltung, darum, dass bei diesem Veränderungsprozess niemand verloren gehen sollte. Gleichzeitig stand die Verbesserung des Kinderschutzes immer vorne an.

Insgesamt hat der Verein „Arbeit für Jugend e.V.“ aus unserer Sicht mit ausgesprochen hoher Ernsthaftigkeit und Professionalität einen Veränderungsprozess im Verein eingeleitet, und sich gemeinsam auf den Weg gemacht. Dieser Prozess hat zum Ziel  die Prävention von sexuellem Missbrauch und die Intervention bei Verdacht in den Verein beispielhaft zu integrieren. Einen solchen Prozess in einem Ehrenamtsprojekt einzuleiten erfordert viel Engagement und Kontinuität. So stellen wir uns Maßnahmen zum Schutz vor Missbrauch in Patenschaftsprojekten vor! Wir würden uns daher sehr freuen, wenn auch das Preisgeld, das Frau Adolf-Betz von der Firma Betz-Chrom seit Jahren ergänzend zu unserem Preis zur Verfügung stellt, für die Weiterentwicklung und zukünftige Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexuellem Missbrauch innerhalb des Vereins Verwendung finden würde.

Sehr geehrte Preisträger*in, liebe Frau Kallen, lieber Herr Niegel, stellvertretend für den Vorstand von Arbeit für Jugend e.V., liebe Mitglieder des Vereins, liebe Coaches, wir freuen uns sehr, dass wir Ihnen heute als Anerkennung und mit einem Dank für Ihre Klarheit, eindeutige Haltung und ihre Schutzmaßnahmen für Kinder und Jugendliche verbunden, den AMYNA-Präventionspreis 2012 überreichen dürfen und bitten Sie nun den Preis in Empfang zu nehmen.

 


[1] InBas Sozialforschung ist ein privates Sozialforschungs- und Sozialplanungsinstitut mit Sitz in Frankfurt am Main. Inhaltliche Schwerpunkte sind Migration und Integration, freiwilliges und bürgerschaftliches Engagement, Bildung und Beschäftigung, Seniorenpolitik und Altenhilfe.

[2] Stand: 21.03.2012

[3] Lt. Patenatlas der Aktion „Zusammen-Wachsen“, die von der InBas-Sozialforschung 166 Patenschaftsprojekte in Deutschland unter-suchen ließ, liegt der durchschnittliche Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund in den untersuchten Patenschaftsprojekten bei rund dreiviertel der 15.000 Kinder, Jugendlichen und Eltern.

[5] Eine beschränkte Möglichkeit ihre Kinder umfassend vor Gefahren zu schützen, ist bei Eltern dann eher zu vermuten , wenn sie zeitweise selbst mit ihrem eigenen Leben überfordert sind, so z.B. bei Menschen mit einer psychischen Erkrankung, bei Menschen, die arbeitslos und sehr arm sind, bei Menschen, die als Flüchtlinge in unser Land kommen usw..

2011 Bayerischer Tischtennis-Verband, Bereich Leistungssport

2011 wurde der Bayerische Tischtennis-Verband, Bereich Leistungssport, für sein Engagement bei der Entwicklung eines Präventionspaketes zum Schutz von Mädchen* und Jungen* mit dem AMYNA-Präventionspreis ausgezeichnet. Der Bayerische Tischtennis-Verband legte für den Bereich Leistungssport ein sehr umfassendes Paket der Prävention und Intervention vor, das in seiner Konsequenz und Zügigkeit bei der Einführung innerhalb des Sports mit Sicherheit als beispielhaft angesehen werden kann.

Laudatio als PDF (nicht barrierefrei)

Preisverleihung AMYNA Präventionspreis – Laudatio

04.05.2011

preisverleihung_2011

Laudatio von Christine Rudolf-Jilg
(es gilt der gesprochene Text)

Sehr geehrte Preisträger*innen,
sehr geehrte Damen und Herren,

auch ich möchte Sie ganz herzlich bei AMYNA, im Institut zur Prävention von sexuellem Missbrauch willkommen heißen.

Kein Kind kann sich alleine vor sexuellem Missbrauch schützen, das hat meine Kollegin Frau Djafarzadeh bereits eingangs erwähnt. Umso wichtiger ist es, dass Erwachsene, die für Kinder und Jugendliche Verantwortung tragen, Schutzaufgaben übernehmen.

Im vergangenen Jahr wurden diese Erwachsenen nicht nur in katholischen Einrichtungen und Internaten an ihre Verantwortung erinnert – Sie alle haben sicherlich die Aufdeckungen von sexuellem Missbrauch im Canisiuskolleg in Berlin oder in der Odenwaldschule im Kopf. Auch in anderen Arbeitsfeldern, in denen mit Kindern und Jugendlichen gearbeitet wird, sahen sich die Verantwortlichen mit Aufdeckungen konfrontiert. Es verwundert daher nicht, dass AMYNA im vergangenen Jahr in allen Arbeitsbereichen eine derart starke Nachfrage hatte, dass wir personell weit über unsere Möglichkeiten ausgelastet waren.

Die Not gebiert oft neue Ideen und so entwickelten wir ein Angebot,  das wir „Gefährdungsanalyse“ nannten und das – im Vergleich zu aufwendigen Beratungsprozessen, die wir bis dahin Trägern anboten – mit deutlich weniger Zeitaufwand verbunden, ebenfalls den Schutz vor sexuellem Missbrauch im Verantwortungsbereich eines Trägers deutlich verbessern kann.

Diese bundesweit einmalige und neu entwickelte sogenannte „Gefährdungsanalyse“ besteht aus unterschiedlichen Bausteinen:

  • einem ausführlichen, leitfadengestützten Interview mit dem Träger
  • unserer Eigenrecherche auf dessen Website
  • der Sichtung von vorhandenen Materialien des Trägers zum Bewerbungs- und Einstellungsverfahren, zur Organisationsstruktur, zu Leitlinien und ggf. bereits bestehenden Schutzvereinbarungen usw..
  • der Analyse anonymisierter Fallskizzen, die der Träger ggf. über frühere Vorfälle erstellt.
  • in der Hauptsache dann natürlich in der Erstellung der sogenannten schriftlichen „Gefährdungseinschätzung“, die Lücken im System eines Trägers benennt und Vorschläge für die Schließung der Lücken macht sowie einem abschließenden Erläuterungs- und Klärungsgespräch.

Diese „Gefährdungsanalyse“ erfordert im Gegensatz zur (erfahrungsgemäß) fast dreijährigen intensiven Begleitung eines Trägers, wie schon erwähnt nur einen Bruchteil unserer Arbeitszeit, ist also deutlich ressourcenschonender. Sie befindet sich aktuell in der Erprobungsphase. Aus momentaner Sicht des Instituts ist die Möglichkeit der Übertragbarkeit wohl nur im Hinblick auf kleinere Träger denkbar. Weitere Einschätzungen sind allerdings erst möglich, wenn diese Form der Trägerberatung häufiger durchgeführt und evaluiert wurde. Für dieses Vorhaben wurden bereits verschiedene Anträge an Stiftungen gestellt. Wir freuen uns sehr, dass der Bayerische Tischtennisverband für den Bereich Leistungssport einer der ersten war, der gemeinsam mit uns diese neue Form der Trägerberatung versucht hat.

Das Wissen um sexuellen Missbrauch durch Mitarbeiter*innen in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe bzw. Kinder- und Jugendarbeit ist für uns Fachberatungsstellen nicht neu. Seit mehr als 10 Jahren wird dieses Wissen ebenso publiziert, wie auch das Wissen um Gegenstrategien, die Träger*innen ergreifen können. Die „strukturellen Präventionselemente“, so nennen wir diese Gegenstrategien von Trägern, wurden allerdings mit den Jahren immer umfassender und differenzierter. Aus Fällen neue Erkenntnisse gewinnen, von Best Practise Beispielen national, aber auch international lernen, eigene Ansätze weiterentwickeln und präzisieren, so funktioniert in diesem Arbeitsfeld unsere Arbeit und die anderer Fachstellen. Auch die Runden Tische in Berlin, haben hier ihren Beitrag für die Präventionsarbeit geleistet.

Aktuell umfassen die von uns berücksichtigten und im Rahmen der Gefährdungsanalyse empfohlenen Präventionsmaßnahmen grundsätzlich folgende Elemente:

1 Maßnahmen im Rahmen des Einstellungsverfahren bzw. der Mitarbeiter*innenführung (Führungszeugnisse, Referenzen u.ä.)
2 die Entwicklung eines Verhaltenskodex
3 sogenannte Schutzvereinbarungen für Mitarbeiter*innen für Situationen, in denen eine besondere Nähe zu Kindern und Jugendlichen entsteht (darauf möchte ich anschließend kurz eingehen) verbunden
4 mit einem Beschwerdesystem für Kinder und Jugendliche und
5 einer ergänzenden Elterninformation
6 einem pädagogischen Konzept, das Prävention im Alltag berücksichtigt und mit einer konkreten Präventionsarbeit mit Kindern bzw. Jugendlichen verbunden werden kann
7 einem Krisenleitfaden für das interne Vorgehen bei einem Verdacht auf Missbrauch durch Mitarbeiter*innen und damit einhergehend
8 der Zusammenarbeit bei der Fallbearbeitung mit externen Fachberatungsstellen
9 einer umfassenden Öffentlichkeitsarbeit zu allen getroffenen Maßnahmen
10 der Beauftragung von Präventions- und Interventionsbeauftragten innerhalb der Organisation
11 der Entwicklung von Fort- und Weiterbildungsangeboten für alle Mitarbeiter*innen und last but not least
12 die Absicherung und Verstetigung dieser Elemente im Rahmen des Qualitätsmanagements des Trägers sowie
13 die regelmäßige Aktualisierung mit neuen oder verbesserten Elementen durch gesetzliche Vorgaben bzw. neue Erkenntnisse aus der Präventionsforschung (das sogenannte Präventions-Update).

Ich möchte im Rahmen dieser Laudatio drei dieser Elemente herausgreifen und kurz erläutern, die Schutzvereinbarungen, das damit verbundene Beschwerdemanagement für Kinder und Jugendliche und die ergänzende Elterninformation. Ich werde im Folgenden bei der Kombination der drei Elemente vor allem auf deren sinnhafte Verknüpfung eingehen und lasse nun andere (ebenfalls wichtige) Bestandteile beim Beschwerdemanagement unberücksichtigt.

Muss der Umgang zwischen Kindern bzw. Jugendlichen und Erwachsenen, die mit ihnen arbeiten, neu geregelt werden? Ich behaupte: ja. Die Unsicherheit und die Angst bei Mitarbeiter*innen „falsch verdächtigt“ zu werden, ist gerade seit dem vergangenen Jahr hoch, nicht zuletzt durch aufgedeckte Fälle, die Träger irritiert und Mitarbeiter*innen stark verunsichert haben. Aber auch das durchaus berechtigte Anliegen der Gesellschaft, dass sexueller Missbrauch in Institutionen möglichst umfassend zu verhindern ist und dazu eben auch Schutzmaßnahmen zu vereinbaren sind, ist hier zu berücksichtigen.

In der Öffentlichkeit herrscht häufig Unmut, wenn Fälle aufgedeckt werden, bei denen Kinder oder Jugendliche – und jetzt komme ich zu Beispielen aus dem Sport – bei Wettkämpfen mit Wissen und Billigung des Verbands regelmäßig gemeinsam mit der Trainerin /dem Trainer in einem Raum schlafen oder grundsätzlich mit ihm gemeinsam duschen mussten und dies von ihm dann zu sexuellen Übergriffen genutzt wurde. Ebenso wenig nachvollziehbar ist es, wenn deutlich wird, dass Trainer bzw. Trainerinnen mit Kenntnis der Verantwortlichen im Verband über einen langen Zeitraum besondere Vergünstigungen oder Geschenke für einzelne Kinder oder Jugendliche vergaben und diese so in eine besondere Abhängigkeit brachten, die sie für den sexuellen Missbrauch ausnutzten.

Die Strategien von Tätern und Täterinnen beinhalten in zahlreichen Fällen, die wir ausgewertet haben oder die in der Fachliteratur beschrieben wurden, das gezielte Schaffen und Ausnutzen von Gelegenheitssituationen. So wissen wir von Fällen in Ferienlagern, in den regelmäßige Zeckenuntersuchungen durchgeführt und so sexueller Missbrauch angebahnt wurde. Als „medizinische Untersuchungen“ oder „Massage“ getarnte sexuelle Übergriffe sind ebenso bekannt, wie auch „Kitzel- oder Tobespiele“, die erste Übergriffe, z.B. ein Berühren intimer Stellen am Körper ermöglichten. Auch „Hygieneschulungen“, wie etwa „ich zeige dir jetzt mal, wie du beim Duschen die Vorhaut zurückschiebst um deinen Penis ordentlich zu säubern“ oder besonders körperbetonte „Hilfestellungen“ beim Sport gehören zu bekannten Täterstrategien.

Im Übrigen erweisen sich Täter und Täterinnen im Umgang mit den betreffenden Kindern und Jugendlichen häufig als besonders zugewandt, aufmerksam und einfühlsam. Sie sind oft die „besten“ Pädagog*innen, Trainer*innen, Therapeut*innen, Lehrer*innen oder Pfarrer*innen. Und die Sonderwege, die sie gehen, werden von ihnen häufig als „besondere“ Zuwendung, als „besonderes“ Engagement getarnt, das Träger, Kolleg*innen, manchmal auch die Eltern oft sogar bewundern, da es weit über das Normalmaß hinaus geht.

Genau an diesen Punkten können Schutzvereinbarungen ansetzen. Denn sie formulieren Regeln, welches Verhalten Erwachsener im Umgang mit den Kindern und Jugendlichen in Ordnung ist und was eben nicht. Als präventive Maßnahme greifen Schutzvereinbarungen überall dort, wo Situationen standardisierbar sind, z.B. in der Situation des Duschens nach dem Sport. Hier lautet die Schutzvereinbarung des BTTV ganz einfach: Trainer*innen duschen nicht gleichzeitig mit Kindern und Jugendlichen.

Wir müssen für Standardsituationen also definieren, was wir als sinnvolles Arbeiten mit Kindern und Jugendlichen im jeweiligen Arbeitsfeld bewerten und wo Grenzen sind und dies gegenüber Kindern, Jugendlichen, aber auch den Eltern deutlich machen. Sie müssen wissen, was in diesem Arbeitsbereich nicht mehr erwünscht ist und u.U. den Beginn von sexuellem Missbrauch, in jedem Fall aber eine Regelverletzung darstellt.

Die „Schutzvereinbarungen“, wie wir sie nennen, markieren so auf der „breiten Straße“ pädagogisch guten und korrekten Handelns „Abzweigungen“ und machen diese Abzweigungen für Kinder und Jugendliche, aber auch andere Mitarbeiter*innen und Eltern frühzeitig erkennbar. Verstöße gegen diese Schutzvereinbarungen sind daher nicht automatisch bereits mit sexuellem Missbrauch gleichzusetzen, machen aber deutlich, dass hier ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin gegen eine Vereinbarung des Trägers handelt. Eine Abzweigung (d.h. eine Ausnahme) muss auch mal erlaubt sein, darf jedoch nur in Absprache mit Kolleg*innen bzw. dem Träger gegangen werden und sollte mit allen Beteiligten rückgekoppelt sein. Häufige Abzweigungen zeigen dagegen ein Problem mit der eigenen Rolle bzw. Funktion und sollten v.a. vom Träger, aber auch von den Kolleg*innen benannt und kritisch hinterfragt werden, da sie pädagogisch bedenkliches Verhalten beinhalten.

So können klar formulierte Schutzvereinbarungen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen wieder eine neue Sicherheit im Umgang mit betreuten Kindern und Jugendlichen geben, aber auch Kindern, Jugendlichen und Eltern erste Anhaltspunkte dafür bieten, dass sich da jemand entgegen aller Vereinbarungen „seltsam“ und regelverletzend verhält. Dies erlaubt es ihnen u.U. auch, ein vermeintlich besonders „engagiertes“ Verhalten kritisch zu hinterfragen. Und hier schlägt sich der Bogen zum Beschwerdemanagement, das Träger für Kinder und Jugendliche entwickeln sollten und das auch Eltern mit einbezieht. Sie müssen ebenfalls wissen, welche Vereinbarungen zwischen dem Träger und den Mitarbeiter*innen bestehen und wie sie auffälliges Verhalten Einzelner ansprechen und benennen können.

Dass dies für Kinder und Jugendliche trotz allem ein schwieriger Schritt sein wird, ist klar. Umso wichtiger ist auch in diesem Zusammenhang die Aufmerksamkeit der Eltern und der Kolleg*innen. Grundsätzlich erleichtert werden kann dieser Prozess der erhöhten Sensibilität im Umgang mit Kindern und Jugendlichen durch ein immer wieder aufmerksames und gegenseitig kritikfähiges Miteinander aller Erwachsenen, die gemeinsam den Umgang mit Kindern und Jugendlichen reflektieren und an einer Verbesserung arbeiten. Dass hier eine Kultur des Diskutierens, Lobens und Verbesserns förderlicher ist als eine Kultur der Strafe oder Kritik, ist sicherlich nachvollziehbar.

Wichtig ist es, dass ersten Übergriffen, die TäterInnen im Schutz von Institutionen anbahnen und begehen, möglichst wirksam vorgebeugt wird und dass das Verwirrspiel, das Täter*innen bekanntermaßen zur Manipulation von Kindern und Jugendlichen, aber auch von Erwachsenen im Umfeld, entwickeln, beendet und als beginnender Missbrauch entlarvt werden kann.

Ich komme nun zur speziellen Würdigung der diesjährigen Preisträger und damit wird auch nachvollziehbar, was der Anlass für die bisherigen inhaltlichen Ausführungen ist.

Der Bayerische Tischtennisverband hat sich im vergangenen Jahr dafür entschieden im Bereich Leistungssport Präventionsmaßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen zu entwickeln und umzusetzen. Da dies aus zeitlichen Gründen nicht anders möglich war, wurde gemeinsam mit AMYNA im Rahmen des eingangs beschriebenen Pilotprojekts eine Gefährdungsanalyse durchgeführt. Ernsthaft setzte sich der BTTV mit Gefährdungsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen im Rahmen seines Verantwortungsbereichs auseinander und begann zeitnah, zügig und entschlossen mit der Umsetzung der von uns empfohlenen präventiven Elemente.

Wir freuen uns darüber, dass ein Träger, der ausgewiesen nicht aus dem pädagogischen Bereich, sondern aus dem Sport, hier sogar aus dem Leistungssport kommt, nicht nur eine eindeutige Haltung zum Thema hat, sondern auch zielstrebig und konsequent in kürzester Zeit zahlreiche strukturelle Schutzmaßnahmen ergriffen hat.

Neben der Einführung von Führungszeugnissen im Einstellungsverfahren von Verbandstrainern und -Trainerinnen und deren regelmäßiger Aktualisierung, wurde ein Verhaltenskodex ebenso Vertragsbestandteil zwischen dem BTTV und seinen Trainern und Trainerinnen wie Schutzvereinbarungen, die spezifisch und individuell für dieses Arbeitsfeld entwickelt wurden.

So wurde die Frage von Geschenken und besonderen Vergünstigungen durch einzelne Trainer*innen ebenso geregelt, wie die (gerade im Leistungssport) häufig relevante Frage der Übernachtungen oder der Mitnahme in den Privatbereich des Trainers bzw. der Trainerin. Das Abschließen von Türen oder gemeinsame Duschen mit Kindern und Jugendlichen stellt zukünftig eine Regelverletzung dar. Geheimnisse mit Kindern und Jugendlichen werden als unerwünscht formuliert, Kinder und Jugendliche werden von Täter*innen nämlich häufig mit einem Schweigegebot belegt.
Ein Abweichen von den Schutzvereinbarungen ist erst nach Rücksprache mit dem Verband oder mit anderen Trainer*innen erlaubt. In der Information der Kinder, Jugendlichen und Eltern ist der eindeutig Wunsch des Verbandes formuliert, dass diese sich beschweren sollen, wenn es zu Verstößen oder gar zu Grenzverletzungen kommt. Hervorzuheben ist besonders, dass der Verband ohne wenn und aber die Möglichkeit der Beschwerde auch bei externen Stellen eindeutig benennt und für gut befindet und damit die Beschwerdemöglichkeiten für Betroffene erleichtert. Alle Kinder und Jugendlichen sowie deren Eltern erhalten die Informationen bereits bei der Aufnahme in den Kader. Für den Fall eines Verdachts gegenüber Trainer*innen, aber auch für den Fall eines häufigeren oder massiveren Verstoßes gegen die Schutzvereinbarungen ist das interne Vorgehen ebenso klar geregelt, wie auch das Hinzuziehen einer externen Fachstelle, die gemeinsam mit dem Präsidenten sowie dem Anti-Missbrauchs-Beauftragten die Situation bewerten und das weitere Vorgehen entscheiden soll. Der Anti-Missbrauchs-Beauftragte wurde durch die Sprachregelung des BTTV dem Anti-Doping-Beauftragten gleichgestellt und ist für die Steuerung der Prävention und Intervention zuständig.

Insgesamt legt der Bayerische Tischtennisverband für den Bereich Leistungssport (und unseres Wissens für den Leistungssport in Deutschland überhaupt erstmalig) damit ein sehr umfassendes Paket der Prävention und Intervention bei sexuellem Missbrauch vor, das in seiner Konsequenz innerhalb des Sports sicherlich als beispielhaft angesehen werden kann. Wir würden uns sehr freuen, wenn das Preisgeld für einen weiteren Ausbau des Schutzes der Kinder und Jugendlichen vor sexuellem Missbrauch innerhalb des Verbandes Verwendung finden würde.

Sehr geehrte Preisträger, wir freuen uns sehr, dass wir Ihnen heute als Anerkennung und mit einem Dank für Ihre eindeutige Haltung und ihre Präventionsmaßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexuellem Missbrauch verbunden, den AMYNA-Präventionspreis 2011 überreichen dürfen und bitten Sie nun den Preis in Empfang zu nehmen.